Zollenspieker. Die Zeit drängt. Schon in Kürze könnte Schulsenator Ties Rabes (SPD) Konzept “Inklusive Bildung in Hamburg“ von der Bürgerschaft beschlossen werden.

Die Kritik an Rabes Plänen wird allerdings lauter - nicht nur vonseiten der Opposition, sondern auch vonseiten der Eltern. "Inklusion braucht mehr gemeinsame Zeit", sagen Anja Ehmer und Stefanie Behnk vom Vorstand des Elternrates der Grundschule Zollenspieker. Zeit für Diagnostik, Zeit für Förderung, Zeit, damit sich die Lehrer über die Kinder austauschen können. Genau die wird der Einrichtung am Kirchenheerweg aber nicht zugestanden, da ihr Förderbedarf laut Behörde bei lediglich 1,5 Prozent liege.

Aber der Reihe nach: Seit 2010 können Eltern behinderter Kinder in Hamburg frei wählen, ob ihr Nachwuchs eine Sonderschule oder eine allgemeinbildende Regelschule besuchen soll. Die Hansestadt setzt mit der neuen Richtlinie die Vorgaben aus der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen um. Rabes Konzept sieht für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache, emotionale und soziale Entwicklung - sogenannte LSE-Kinder - eine pauschale Zuweisung von Sonderpädagogen und/oder Erziehern an die Schulen vor - orientiert an der sozialen Lage des Standortes.

"Bei dieser systemischen Zuweisung schneidet das Landgebiet ganz schlecht ab", sagt Anja Ehmer, "da es als guter sozialer Standort eingestuft wird." Entsprechend wurde der Förderbedarf an der Grundschule Zollenspieker auf 1,5 Prozent festgesetzt. Bei zwei ersten Klassen mit etwa 50 Kindern bedeutet das: Ein Dreiviertelkind hätte Anspruch auf Förderung. Die Realität sieht jedoch anders aus. "Allein die beiden jetzigen ersten und eine zweite Klasse weisen einen Förderbedarf von zehn Prozent auf", sagt Stefanie Behnk. Beide Elternratsmitglieder betonen, wie gut und wichtig sie es finden, "dass wir Inklusionsschule sind". Sowohl für Kinder mit als auch für solche ohne Behinderung sei es Chance und Bereicherung, gemeinsam unterrichtet zu werden.

In Zollenspieker gibt es seit einem Jahr eine halbe Sonderpädagogenstelle. Sie dürfte ein wichtiger Grund dafür sein, dass sich die Einrichtung während dieser Zeit den Ruf erwarb, gut zu fördern. Was wiederum dazu führte, dass Eltern ihre Kinder gern dort anmelden. Nur wird diese sonderpädagogische Kraft schnell an ihre Grenzen stoßen, wenn die halbe Stelle nicht aufgestockt wird. "Denn mit jedem neuen Jahrgang kommen weitere förderbedürftige Kinder hinzu", sagt Anja Ehmer. Und Stefanie Behnk ergänzt: "Ein guter sozialer Standort sagt eben nichts über die Anzahl der förderbedürftigen Kinder aus." So fordern die beiden Mütter und mit ihnen viele Eltern: "Die Zuweisung von sonderpädagogischem Personal darf eine angemessene Grundversorgung nicht unterschreiten."