Den Storcheneltern war der Medienandrang vor ihrem zehn Meter hohen Horst am Altengammer Hausdeich 62 nicht geheuer: Während ihre drei Jungtiere, die vor sechs Wochen geschlüpft sind, unter anderem von einem Hubsteiger aus von den Fernsehteams und Fotografen ins Visier genommen wurden, zogen die Altstörche über dem Gelände ihre Kreise oder hielten auf einer benachbarten Wiese gebührend Abstand. Erst nach gut drei Stunden, als der Hubsteiger auf dem Hof von Steven Rathmann schon längst wieder abgebaut worden war, gesellten sich die Eltern zu ihrem Nachwuchs.

Eingeladen zu dem Fototermin hatte der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), der die Ergebnisse der Brutsaison vorstellte. Sie zaubern Naturfreunden ein Lächeln auf die Lippen: Mit 19 Paaren, die 46 Junge großziehen, haben Hamburgs Störche das beste Brutergebnis seit einem halben Jahrhundert. "Damit ist Hamburg Storchenhauptstadt", sagt Jürgen Pelch, Storchenexperte des Nabu.

"Der Brutbeginn im Frühjahr machte uns nicht viel Hoffnung. Nur wenige Paare waren aus Afrika zurückgekehrt. Außerdem wurden Regenwürmer,die Hauptnahrung für die gerade geschlüpften Störche, wegen der lang anhaltenden Trockenheit knapp", sagt Pelch. "Aber Ende Mai kamen dann doch mehr Storchenpaare zurück und fingen an zu brüten."

In dieser Saison ziehen die Weißstörche sogar fünf Jungtiere mehr groß als im Rekordjahr 2010 (41 Jungen). 2009 zogen 15 Paare 36 Jungtiere auf.

Noch testen die Jungstörche ihre Flugmuskulatur, wagen sie zaghaft erste Flugversuche. Doch schon in wenigen Wochen müssen die Tiere das Fliegen perfekt beherrschen - für ihre lange Reise nach Süden. Weil viele Gefahren auf sie lauern, werden zwei Drittel von ihnen die Reise nicht überleben.

Die Vier- und Marschlande sind das angestammte Brutgebiet der Weißstörche. Im Landgebiet leben 17 der 19 Hamburger Storchenpaare, die anderen bewohnen Horste im Süderelberaum. Pelch: "Jedes Storchenpaar benötigt in Horstnähe etwa 20 Hektar feuchtes Grünland, um seine Jungstörche satt zu bekommen." Drei bis vier Kilogramm Nahrung müssen Storcheneltern jeden Tag heranschaffen, um ihre Jungen satt zu bekommen. Zunächst sind es Insekten und Würmer, später Mäuse und Amphibien. Dank der Naturschutzgebiete, der vielen Wassergräben und der etwa 50 Horste, die der Nabu aufstellte, finden die Weißstörche in den Vier- und Marschlanden genug Nahrung, haben hier eine Überlebenschance.

Doch die Tiere sind weiterhin gefährdet, betont Pelch. Durch Bebauung gehe Lebensraum verloren. "Außerdem entziehen die Landwirte mit ihren Hochleistungsmaschinen den Störchen die Nahrungsgrundlage", sagt der Storchenvater. Hinzu komme, dass Weiden immer seltener extensiv genutzt würden.