Neuengamme. Katharina Möller (27) beschäftigte sich als Zwölfjährige erstmals mit dem Nationalsozialismus. Schon damals wollte sie verstehen, wie Menschen anderen Menschen so viel Leid antun können.

13 Jahre später machte die Harburgerin ein Praktikum in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Seitdem arbeitet sie dort freiberuflich als Guide, führt Besuchergruppen über das Gelände am Jean-Dolidier-Weg.

"In den vergangenen Wochen habe ich täglich Besucher, vor allem Schüler, durch die Gedenkstätte geführt. Vor den Sommerferien ist die Nachfrage besonders groß", sagt Katharina Möller, die im April ihr Geschichtsstudium (Schwerpunkt: Nationalsozialismus) abgeschlossen hat.

Bis zu drei Stunden dauern die Rundgänge, die unter anderem zu den Ausstellungen, den Tongruben, Klinkerwerk und Appellplatz führen. 75 Euro (brutto) bekommt die Freiberufliche Museumspädagogin pro Rundgang. Doch nur wegen des Honorars berichtet sie den Besuchern, darunter viele Senioren, nicht von dem Horror, der sich in Neuengamme zugetragen hat: "Es ist wichtig, der Opfern zu gedenken und sie aus der Anonymität zu holen. Schließlich ging es hier um persönliche Schicksale."

Deshalb freut sich die Historikerin darüber, wenn Schüler ihr "Löcher in den Bauch fragen". Oft würden sich, auch mit erwachsenen Besuchern, Gespräche ergeben. "Besucher berichten etwa von ihrem Vater, der Soldat war." Schwierig findet es die 27-Jährige nur, wenn unterschwellig die Taten der Nationalsozialisten gerechtfertigt oder relativiert werden. Katharina Möller: "Wenn es heißt 'davon wusste man ja nichts', antworte ich mit Fakten. Schließlich gab es in der Innenstadt 16 Außenlager des KZ Neuengamme. Andere Häftlinge mussten Bomben entschärfen. Das war nicht zu übersehen."

Seit Anfang der 90er-Jahre werden etwa zweimal im Monat sonntags, 15 Uhr (Treffpunkt: Haupteingang), Rundgänge zu verschiedenen Themen - etwa "Verschiedene Häftlingsgruppen" oder "Frauen im KZ" - angeboten. Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung nicht nötig. "Es kam schon vor, dass nur ein Besucher erschienen ist. Die Führung gab es natürlich trotzdem", sagt Katharina Möller. Unter den Teilnehmern seien oft auch Bergedorfer, die das Gelände nie zuvor betreten haben. Den nächsten Rundgang am 25. Juli leitet Wiebke Johannsen. Thema: "Vom KZ zur Gedenkstätte".