Wir fragten Kunden nach dem Preis frischer Produkte - und ob sie ihn zahlen würden.

Am Sonntag ist Erntedankfest. Die vier Bergedorfer Wochenmärkte nehmen das zum Anlass, in der kommenden Woche ab Dienstag, 6. Oktober bis Sonnabend, 10. Oktober, jeweils von 8 bis 13 Uhr ein vielfältiges Programm zu bieten. Die Erntedankaktion ist der Auftakt zu dem zunächst auf drei Jahre angelegten Projekt "Wochenmarkt der Zukunft", mit dem sich die Märkte als lebendige und unverzichtbare Seite Bergedorfs präsentieren wollen.

Wir waren auf dem Lohbrügger Wochenmarkt unterwegs und wollten herausfinden, welchen Stellenwert frische Marktware für die Bergedorfer hat. Im Gepäck: typische Erntedankprodukte direkt vom Markt - ein Vollkornbrot für 3,35 Euro, ein Weißkohl für 80 Cent, ein Liter Bergmilch für 1,10 Euro, ein Kilo Kartoffeln für 90 Cent sowie knapp 900 Gramm Tomaten für 1,60 Euro. Wir ließen Passanten den Preis schätzen und fragten nach, ob sie bereit wären, diesen Preis auch zu zahlen.

Angela Pommerenke (61), Rentnerin aus Lohbrügge (Schätzergebnis: Brot 1,50/ Weißkohl 1,00/Milch 0,70/ Kartoffeln 1,50/Tomaten 1,00) findet: "Das Brot ist auf jeden Fall viel zu teuer, die Milch eigentlich auch. Wenn ich frisches Obst und Gemüse kaufen will, gehe ich auf den Markt, andere Sachen kaufe ich aber im Supermarkt - die haben ja auch gute Sachen."

Reinhard Altmüller (74), Rentner aus Volksdorf (Brot 2,50/Kohl 0,70/Milch 0,80/Kartoffeln 1,00/Tomaten 2,00) sieht das ähnlich: "Ich kaufe überwiegend beim Discounter ein. Wenn ich mal auf dem Markt kaufe, dann nur, um Frischfleisch zu bekommen."

Auch Kim Schulz (17), Schülerin aus Allermöhe (Brot 2,50/Kohl 1,80/Milch 0,80/Kartoffeln 2,00/Tomaten 1,50), zieht den Discounter vor. "Die Märkte finden immer zu meinen Schulzeiten statt. Und ein bisschen billiger ist der Discounter natürlich auch."

Für Edgar van de Giessen (47), Ostheopath aus Bergedorf (Brot 4,30/Kohl 0,75/Milch 1,00/Kartoffeln 1,00/Tomaten 2,75), ist der Preis dagegen unwichtig. "Ich kaufe fast nur Produkte von lokalen Produzenten und schaue nicht auf ein paar Cent. Aber natürlich muss man Kompromisse eingehen, sonst dürfte man ja zum Beispiel gar keine Bananen mehr essen."

Melanie The Losen (45), Finanzberaterin aus Bergedorf (Brot 4,00/Kohl 0,70/Milch 0,80/Kartoffeln 1,00/Tomaten 2,75) stimmt zu: "Ich kaufe auch nur Bioprodukte aus dem Umland." Für sie steht dabei vor allem der Umweltschutzaspekt im Mittelpunkt. "Produkte aus Übersee sind absolut schädlich für das Klima, weil die erst eingeflogen werden müssen. Natürlich muss ich auf dem Markt mehr Geld ausgeben als im Discounter, aber das ist es mir auch wert."

Auch für Kerstin Rieder (55), Einrichtungsberaterin aus Bergedorf (Brot 2,10/Kohl 0,45/Milch 1,00/Kartoffeln 0,60/Tomaten 1,10), sind frische Lebensmittel sehr wichtig. "Die Milchbauern protestieren vollkommen zu recht. Alle wollen zu Weltmarktpreisen einkaufen, aber nicht zu Weltmarktpreisen arbeiten." Und die überzeugte Marktbesucherin ist sich sicher: "Wenn man viel billiges Obst und Gemüse kauft, ist die Hälfte schlecht und landet im Müll."

In einer Sache sind sich fast alle Befragten einig: Die Wochenmärkte bereichern Bergedorf. Jochen Hering (77), Rentner aus Lohbrügge (Brot 1,20/Kohl 0,48/Milch 0,30/Kartoffeln 1,50/Tomaten 1,50) bringt es auf den Punkt: "Ich komme vor allem wegen der gemütlichen und persönlichen Atmosphäre auf den Markt."

Deutscher Bauernverband und Verbände der evangelischen und katholischen Kirche mahnen zum Erntedankfest mehr Fairness beim Handel mit Nahrungsmitteln an. "Harte Arbeit und Erfolg im Stall und auf dem Acker müssen sich auch für die Bauernfamilien lohnen", heißt es in einer Erklärung. Stattdessen erlebten Getreide- und Milchpreise eine Talfahrt mit historischen Ausmaßen. Bei vielen Landwirten herrsche deshalb Existenzangst. Auch die Einkommen von Obst- und Gemüsebauern seien unzureichend. Trotz verbesserter Qualität werde der Wert von Lebensmitteln bei vielen Menschen immer geringer geschätzt.