Bergedorf. Im März kann Dr. Karsten Gärtner endlich wieder an der frischen Luft musizieren. Wenn rund um ihn die Vögel flöten und pfeifen, trillern und trällern, stimmt Gärtner in ihren Chor mit ein. “Zarte Flötentöne“ kommen dann aus seinen gespitzten Lippen und locken prompt ein Chormitglied, nämlich den Dompfaff, zu seiner Vogelbeobachtungsstation an der Bille.

Rot leuchtet der Bauch des Singvogels in den noch kahlen Ästen. "Der Dompfaff kommt meist ziemlich schnell, wenn ich pfeife", sagt Gärtner und blickt zufrieden durch den Sehschlitz des alten Bauwagens, aus dem er die Zwitschernden beobachtet. An der Futterstelle, die er im Winter aufstellt, herrscht Hochbetrieb. Zum Dompfaff gesellen sich Kohl- und Blaumeisen, die an den von den Ästen hängenden Meisenknödeln knabbern. Goldhähnchen, Buch- und Grünfink flattern herbei. Bei seinen vogelkundlichen Wanderungen zeigt der Lehrer, der am Hansa-Gymnasium unterrichtet, seinen Schülern all die Vögel, "die sie sonst nur aus dem Lehrbuch kennen, und das ist ja langweilig".

Mit den ersten milden Tagen des Jahres schließt er die Futterstation wieder. Seine Vögel kann Biologe Gärtner nun auch in jedem Baum und Strauch vielleicht nicht sofort sehen, aber mit Sicherheit hören. Denn bis in die Sommermonate singen die Männchen unter den Singvögeln lautstark, um ihr Revier abzugrenzen oder ein Weibchen anzulocken. "Am Gesang schätzt das Weibchen die Fitness des Männchens ein", erklärt Gärtner. Wer es schaffe, den ganzen Tag lauthals zu singen und trotzdem nicht von der Katze oder anderen natürlichen Feinden gefangen zu werden, der sei ein "Liebesabenteuer" wert.

Auch bei den Menschen weckt meist das fröhliche "Zi-zi-dä" der Meise die ersten Frühlingsgefühle. Früh morgens singt derzeit auch die Amsel - bevorzugt auf Dachgiebeln - und ersetzt so einige Wochen lang den Wecker. Wenig später stimmen noch die Zugvögel ins allgemeine Gezwitscher mit ein. Die tschilpenden Schwalben sind allerdings noch nicht wieder aus Afrika zurück. Und die Nachtigall, die ihren Gesang mit bis zu 30 verschiedenen Strophen variieren kann, singt erst wieder im Mai.

Aber nicht überall in Hamburg machen die Vögel ihren Schnabel zum Singen auf. "Es gibt Ecken in der Stadt, da hört man kaum noch Singvögel", sagt NABU-Mitarbeiter Sven Bendig. Meist fänden die Tiere dort keinen Lebensraum mehr. "In Hamburg wird viel abgeholzt, die Sträucher sind sehr kurz geschnitten, das ganze Laub weggepustet - all das nimmt den Vögeln ihren Lebensraum", erklärt Vogelspezialist und Umweltpädagoge Heinz Peper. Wer weiterhin ein Vogelkonzert hören möchte, der sollte dafür zum Beispiel bei der Gartengestaltung einige Regeln beachten. Peper rät: "Pflanzen Sie Sträucher wie Weißdorn oder Vogelbeere. Sie bieten Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten für Vögel." Auch Saison-Blumen wie Stiefmütterchen sollten das ganze Jahr über im Beet bleiben, denn einige Vogelarten fressen ihre Samen. Nistkästen seien auf Balkons ideal, da für Katzen nicht erreichbar. Nistkästen für verschiedene Vogelarten bietet der NABU an, wochentags in der Osterstraße 58 (8 bis 17 Uhr) sowie im Duvenstedter Brook (samstags, 12 bis 16 Uhr, sonntags, 10 bis 16 Uhr)