Bergedorf. Frische Milch macht manche Verbraucher nicht etwa munter, sondern bringt sie auf die Palme. Denn beim Blick ins Kühlregal stellten viele Kunden in den vergangenen Wochen fest, dass ihre gewohnte Frischmilch verschwunden ist. Stattdessen steht nur noch die sogenannte länger frische Milch in der Kühlung.

Die bekannte Frischmilch verschwindet aus den Regalen, der Ersatz ist umstritten.

"Wir bekommen deswegen viele Anrufe, die Leute beschweren sich", sagt Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. Denn einige Kunden sind sich sicher: Die länger frische Milch schmeckt nicht so wie ihre bisherige Frischmilch. Auch fürchten einige Vitamin- und Nährstoffverluste.

Trotz dieser Bedenken haben viele Supermärkte ganz von Frischmilch auf die sogenannte ESL-Milch umgestellt. ESL bedeutet "Extended Shelf Life", zu deutsch: "längeres Mindesthaltbarkeitsdatum". Beim Einkauf in Bergedorfer Läden zeigt sich: Aldi an der Bergedorfer Straße verkauft ausschließlich länger frische Frischmilch, gekennzeichnet mit "Neu, länger frisch, unverfälschter Geschmack". Auch bei verschiedenen Edeka-Läden gibt es nur noch ESL-Milch, die Hausmarke "Gut & günstig" wirbt nun mit dem Aufdruck "länger frisch". Alle Läden führen außerdem noch die altbekannte H-Milch.

Die Umstellung auf ESL-Milch ist den Verbrauchern laut Dieter Heine, Edeka-Marktleiter an der Bergedorfer Straße, jedoch kaum aufgefallen: "Nur eine einzige Kundin hat nach der bisherigen pasteurisierten Milch gefragt. Ansonsten kommt die länger frische Milch den Kundenbedürfnissen nach langer Haltbarkeit durchaus entgegen." Viele hätten früher nach der bekannten Packung mit dem längstmöglichen Haltbarkeitsdatum ganz hinten im Regal gewühlt. Für sie sei die länger frische Milch das Richtige. Trotzdem will der Edeka-Inhaber wieder die bisherige frische Milch ins Sortiment aufnehmen, sollten seine Kunden verstärkt danach fragen.

Auch die verschiedenen ESL-Milch-Marken unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrer Haltbarkeit: Während die Mili-Milch aus Trittau, wo das ESL-Verfahren vor Jahren entwickelt wurde, rund 14 Tage haltbar ist, verderben andere Marken bereits nach sechs bis zehn Tagen. Außerdem ist nicht immer klar gekennzeichnet, ob es sich tatsächlich um länger frische Milch handelt. So verkauft ein Bergedorfer Discounter Bio- Milch, die neun Tage haltbar, jedoch nicht als ESL-Milch erkennbar ist.

"Wir wollen eine klare Kennzeichnung für die Kunden", sagt Silke Schwartau vom Verbraucherschutz. Denn viele Milchtrinker würden immer noch Wert auf die gute alte Frischmilch legen.

Das hat auch die Drogeriemarkt-Kette "Budnikowsky" bemerkt. Die Marke "alnatura", deren Milchprodukte die Budni-Märkte verkaufen, hat eine Kundenbefragung zum Thema ESL-Milch durchgeführt. Das Ergebnis: "Die Mehrzahl der Kunden hat die ESL-Milch abgelehnt. Vor allem aus geschmacklichen Gründen." Ziel sei deshalb, die Frischmilch "so naturbelassen wie möglich", also nicht länger frisch anzubieten.