Bergedorf (hy). Ein markerschütternder Schrei hallt durch den Salon der “Serrahn Deern“. Plötzlich steht Klaus Störtebeker im Mittelgang.

"Seit 600 Jahren habe ich nicht mehr so schlecht geschlafen", sagt der mit Pluderhose, Degen, Feder im Hut und Augenklappe ausgestattete Piratenkapitän und streckt seine müden Glieder. Doch dann wird das Alter-Ego des legendären Hamburgers, der im Jahre 1401 auf dem Grasbrook geköpft wurde, wach: Er will die Goldschätze holen, die er einst versteckt hat - bevor er vor Neuwerk von Truppen des Hamburger Senats gefangen genommen wurde. Seine neue Mannschaft steht schon fest: Es sind die Teilnehmer der "Störtebeker-Fahrt", die Heiko Buhr, Betreiber der Bergedorfer Schifffahrtslinie, in dieser Saison erstmals anbietet.

Natürlich bemerken die Gäste erst an Bord, wenn das Schiff abgelegt hat, in welchen Schlamassel sie geraten sind. Der Piratenkapitän freut sich lautstark über seine neue Crew, "die nur auf mein Kommando hört" und "mein neues Schiff". Doch sein Enthusiasmus ist nur von kurzer Dauer, denn Störtebekers Schreiber, der Magister Wigbold, klärt den Kapitän auf: "Ihr habt gestern das Gold versoffen, deshalb habe ich dieses Schiff gemietet - ein Fahrgastschiff. Es hat jedoch keine Kanonen, denn dafür wird eine Sondergenehmigung vom Ordnungsamt benötigt."

Ob die Mannschaft wenigstens aus verwegenen, skrupellosen Kerlen bestehe, will Störtebeker wissen. "Leider nicht. Das ist eher so eine dahergelaufene Truppe", entgegnet Wigbold kleinlaut - und erntet dafür einmal mehr fröhliches Gelächter seitens des Publikums. Noch schlimmer kommt es für die Piraten-Legende, als plötzlich Simon von Utrecht seinen Weg kreuzt. Der Hamburger Kaufmann und Ratsherr hatte die Seeräuber damals gnadenlos verfolgen lassen.

"Wir hatten zwar schon italienische Abende mit Operettensängern, aber noch keine Touren mit Schauspielern", berichtet Buhr. Er plant, Störtebeker, Wigbold und von Utrecht auch in der Weihnachtszeit an Bord zu nehmen: "Dann ist es draußen dunkel, freuen sich die Gäste besonders über Entertainment an Bord." Zudem sollen 2010 "Störtebeker-Fahrten" angeboten werden. Buhr: Der Schleusengraben, über den wir fahren, wurde im 15. Jahrhundert ausgehoben. Das passt doch gut zusammen."

Die historischen Gestalten werden von Carsten Hille (Störtebeker), Birgit Schleper (Wigbold) und Dieter Warszawa (von Utrecht) dargestellt. Sie sind Mitglieder des Hamburger Theaters "Ik's", das Störtebekers neue Abenteuer bereits Ende der 90er-Jahre aufführte.

Störtebeker sticht am 27. Juni und am 31. Juli (jeweils zwischen 19 und 22 Uhr) vom Anleger am Serrahn aus in See. Wer bei der Fahrt durch die Marschlande, über Schleusengraben und Dove-Elbe (mit Zwischenstopp) dabei sein möchte, zahlt 37,50 Euro. Im Preis ist ein kalt-warmes "Piratenbuffet" enthalten.