Zollenspieker. Stapelweise fährt Matthias Reimers die Kisten heran, stellt sie auf der Plattform am Anfang des etwa 50 Meter langen Laufbandes ab. Von jetzt an geht alles vollautomatisch. Die Kisten, in denen sich jeweils 150 Erdpressballen befinden, die maschinell besät wurden, setzen sich in Bewegung.
Beim ersten Stopp wird Kiste für Kiste vom Stapel genommen und einzeln aufs Band gesetzt. Haben sich 20 Behälter am Ende des Bandes angesammelt, werden sie automatisch auf den Shuttle geschoben. Das passiert fünf Mal hintereinander, dann ist der Shuttle voll. Mit seiner Ladung rollt er - wie von Geisterhand - von der Halle ins benachbarte Gewächshaus und hält genau dort, wo die 100 Kisten abgeladen werden sollen. Programmiert wird das Fahrzeug über ein Schaltpult.
"Wenn die Anlage funktioniert, erleichtert sie die Arbeit enorm", sagt Günter von Hacht. Der Seniorchef und sein Schwiegersohn Matthias Reimers haben das vollautomatische Shuttle-System während der vergangenen Monate aber auch anders erlebt. "Wir mussten mehrfach Mitarbeiter des holländischen Herstellers anfordern, weil es jede Menge technische Probleme gab", sagt von Hacht, der nun hofft, "dass die Kinderkrankheiten der Anlage endlich auskuriert sind".
Seit fast 25 Jahren produziert der 66-Jährige Gemüse-Jungpflanzen in dem Familienbetrieb am Warwischer Hinterdeich - mit großem Erfolg. Zwischen 30 und 35 Millionen Jungpflanzen gehen jährlich an 500 Kunden in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Es könnten viel mehr sein, doch in Warwisch fehlt der Platz. Zwar verfügt der Betrieb über 1,2 Hektar Gewächshausfläche. Sie reicht aber nicht für die ständig steigende Zahl an Kisten, in denen die Jungpflanzen heranwachsen. So kaufte der Seniorchef 2001 ein 3,3 Hektar großes Grundstück in Zollenspieker, das an das Gelände der ehemaligen Kamps-Brotfabrik grenzt.
Das 9000 Quadratmeter große Gewächshaus wurde exakt auf das Shuttle-System abgestimmt. In dem 144 Meter langen und 60 Meter breiten Gebäude verläuft auf ganzer Länge eine vier Meter breite Betontrasse. Auf ihr rollt der Shuttle mit seiner 100-Kisten-Ladung. Das Fahrzeug misst - genau wie die Trasse - vier Meter in der Breite und 9,60 Meter in der Länge. Auf dieses Maß wurden auch die 15 Segmente zentimetergenau zugeschnitten, in die das Gewächshaus unterteilt ist.
Hält der Shuttle vor einem, fährt ein Aussetzwagen - er wird von einem Mitarbeiter bedient - auf den Shuttle herauf. Metallhaken fassen in die Griffe der Kisten und heben sie an. Anschließend fährt der Aussetzwagen zurück ins Segment und setzt die Kisten auf einer freien Fläche ab.
"Die zusätzliche Fläche bedeutet vor allem eine Entlastung für den alten Betrieb", sagt Matthias Reimers. "Mit der neuen Technik können wir aber auch 20 bis 30 Millionen Jungpflanzen mehr pro Jahr produzieren." Denn der Wegfall der Handarbeit - zuvor musste jede einzelne Kiste in die Hand genommen werden - spart eine Menge Zeit und Kraft, die nun für andere Arbeiten genutzt werden können. Spätestens im Frühjahr nächsten Jahres soll in der angrenzenden 2000 Quadratmeter großen Halle, in der die Kisten auf den Shuttle verladen werden, noch eine vollautomatische Straße für die Aussaat installiert werden. Dann ist der Betrieb technisch kaum noch zu toppen.