Neuengamme. Jürgen Dreekmann hat dem Kassierer der Vierländer Speeldeel einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Als Dreekmann 1991 Vorsitzender der Speeldeel wurde, sollte er es - wie sein Vorgänger Erich Heitmann - mindestens ein Vierteljahrhundert bleiben. Das spare Umschreibungskosten beim Notar, so die augenzwinkernde Begründung. Wäre es nach den Mitgliedern gegangen, sie hätten wohl noch viele Jahre diese Kosten gespart. Doch Jürgen Dreekmann (42) macht eine Sache "ganz oder gar nicht" und hat jetzt, nach 18 Jahren, aus privaten Gründen die Verantwortung in andere Hände gegeben. Nachfolger wurde sein Vize, Michael Bornhöft (40).

Es war ein leiser Wechsel, denn Michael Bornhöft ist schon seit 1992 der "Zweite", arbeitete mit Jürgen Dreekmann all' die Jahre "Hand in Hand". Auch künftig ist Dreekmann "nicht aus der Welt", bleibt der Speeldeel als Mitglied und Trachtenwart erhalten.

Blickt Jürgen Dreekmann auf seine lange Zeit als Vorsitzender zurück, mag er die Erfolge der vergangenen Jahre nicht auf sich beziehen: "Das ist dem Engagement der gesamten Gruppe zu verdanken", sagt er. Aber natürlich liefen bei ihm die Fäden zusammen, oblag ihm die Gesamtorganisation und Planung. 80 Aktive hatte der Verein 1991, ein Jahr später wurde aus der Kindergruppe heraus die Jugendabteilung gegründet. Heute tanzen etwa 60 Mitglieder in den drei Gruppen. "Es ist nicht immer ganz einfach, Nachwuchs zu motivieren", sagt Jürgen Dreekmann. Das Hochhalten von Traditionen sei in Deutschland ein sensibles Thema, das durch braune Gruppen missbraucht werde. Die Vierländer Speeldeel steuert gegen, mit jedem Auftritt, bei jedem Auslandsaufenthalt.

Möglichst authentisch will die Speeldeel sein - ein Anspruch, der besonders Jürgen Dreekmann am Herzen liegt. Er achtet darauf, dass die Trachten in Ordnung sind, dass beim Tanz der alten Weisen keine moderne Armbanduhr von den Handgelenken der Mitglieder blitzt. Und so trägt Jürgen Dreekmann bei Auftritten, wo er alte Arbeitstechniken vermittelt, nicht die Festtracht, sondern die Arbeitstracht samt Zipfelmütze.

Auch holländische oder skandinavische Tänze werden präsentiert - die Verbindungen etwa nach Schweden und Holland währen seit Jahrzehnten. Stellvertretend für viele schöne Auslandserlebnisse mit der Speeldeel erzählt Jürgen Dreekmann von einer Reise zum großen Musikfestival nach Kaustinen in Finnland im Jahr 1997. "Das war eine unserer schönsten Touren", pflichtet auch Michael Bornhöft bei. Dabei begann sie mit einem Schock: "In Helsinki erfuhr ich, dass wir ein Gemeinschaftsquartier haben werden", erzählt Dreekmann. Fürchterliche Erinnerungen an eine frühere Reise mit Unterbringung in einer Kaserne wurden wach. Voller Skepsis bezogen die Tänzer schließlich einen Kindergarten. "Da standen Feldbetten für uns, es gab nur eine Dusche, die Stühle, Waschbecken und Toiletten - alles im Miniformat", sagt Dreekmann. Provisorisch wurde im Vorraum eine weitere Waschmöglichkeit eingerichtet. Die spartanischen Verhältnisse eröffneten aber wohl den Blick auf das Wesentliche, schweißten die Gruppe zusammen. Ohnehin wurde in der hellen Midsommerzeit kaum geschlafen: "Wir hatten so viel Spaß", sind sich Dreekmann und Bornhöft einig.

Den will die Speeldeel auch unter Leitung von Michael Bornhöft weiter vermitteln. Zu erleben ist die Gruppe in dieser Saison erstmals bei Touren der Bergedorfer Schifffahrtslinie. Als größeres Projekt hat Michael Bornhöft die Organisation eines Trachtenfestivals im Bezirk in Angriff genommen.