Ochsenwerder. Die Zahl “Drei“ spielt in der Familie Siemers fast schon eine magische Rolle. Drei Generationen brachten jeweils drei Mädchen zur Welt. Was die Zahl der Kinder angeht, hielt sich Anja Siemers auch in vierter Generation an diese Tradition.

Nur dass ihr drittes Kind der erste Junge nach elf Mädchen ist, der auf dem Hof lebt. Und sie machte noch eine Ausnahme: "Während sonst immer die älteste Tochter den Betrieb übernahm, war ich die Jüngste", sagt die 44-Jährige.

Auch bei den Tieren, auf die sich der Familienbetrieb seit 1971 spezialisiert hat, spielt die Drei eine wichtige Rolle: Sauen haben eine Tragezeit von drei Monaten, drei Wochen und drei Tagen. Von daher kann Anja Siemers recht präzise vorhersagen, wann ihre 120 Sauen ferkeln werden. "Allerdings nicht auf den Tag genau, da ich nicht weiß, welche der zwei bis drei künstlichen Besamungen erfolgreich war", sagt sie. Die Zeiten, dass Eber diese Aufgabe übernehmen, gehören der Vergangenheit an. Sie werden nur noch laufen gelassen, um die Sauen zu stimulieren.

Der Hof am Ochsenwerder Norderdeich, den der Urgroßvater im Jahr 1908 kaufte, ist der einzige Ferkelaufzucht- und Mastbetrieb in den Vier- und Marschlanden. Anja Siemers ist mit den Tieren groß geworden und hat sich mit den Jahren zu einer Expertin in puncto Schwein entwickelt. Zusammen mit ihrem Mann Rainer und ihrer Mutter Edith baute die Landwirtschaftsmeisterin den Betrieb aus. Gemeinsam bewältigen sie die viele Arbeit, die täglich anfällt. Im Sommer, wenn die Feldarbeit hinzukommt, packen Saisonarbeiter mit an.

Die 120 Sauen ferkeln zwei- bis dreimal im Jahr, jede wirft durchschnittlich 25 Tiere. Gleich nach der Geburt feilt Anja Siemers den Ferkeln die Zähne, damit sie die Zitzen nicht verletzen können. Am dritten Lebenstag werden die männlichen Tiere kastriert, was bislang in Deutschland noch ohne Betäubung erlaubt und durchaus umstritten ist. Ab April greift die neue EU-Regelung, dann müssen auch hierzulande Schmerzmittel vor dem Eingriff verabreicht werden.

Vier Wochen säugen die Muttertiere ihren Nachwuchs. Während dieser Zeit werden sie dreimal täglich per Hand gefüttert, alle anderen Tiere erhalten ihre Nahrung automatisch. Mit zehn Wochen kommen die Jungtiere in die Mast. Das Gros der 900 Mastplätze befindet sich auf dem Krapphof, den die Familie gepachtet hat. Dort bleiben die Tiere etwa dreieinhalb Monate, dann haben sie das Schlachtgewicht von 120 Kilogramm erreicht.

Damit der Nachwuchs nicht ausbleibt, kauft Anja Siemers alle drei Monate sechs neue, sieben Monate alte Sauen hinzu. Mit 14 Monaten bekommen sie ihre ersten Ferkel. Nach fünf bis sechs Würfen liegt die Ferkelquote bei den meisten Sauen unter zehn, dann kommen sie für die Zucht nicht mehr infrage.

Der Betrieb rentiert sich nur durch die Kombination aus Ferkelaufzucht und Mast. Denn für ein drei Monate altes, etwa 25 Kilogramm schweres Ferkel erhalten die Siemers zurzeit 60 Euro. Für ein gemästetes Schwein werden dagegen 125 bis 130 Euro gezahlt. "Was auch nicht viel ist", sagt Anja Siemers. "Denn vor 20 Jahren bekamen wir 300 Mark dafür." Bezahlt wird nach dem Anteil an Muskelfleisch - je höher er ist, desto besser.

Die Zeiten haben sich geändert. Lebten die Siemers früher ausschließlich vom Ackerbau, so mussten sie in den 1970er-Jahren Tiere dazunehmen, um ihre Existenz zu sichern. Diese Entwicklung gab es in fast allen landwirtschaftlichen Betrieben der Vier- und Marschlande, nur dass sich die meisten nicht für Schweine, sondern für Rinder entschieden.