Kirchwerder. Es hat genau 260 Jahre auf dem Buckel - und doch wirkt es wie frisch aus dem Ei gepellt: das Reetdach-Fachwerkhaus im Herzen Kirchwerders am Kirchenheerweg 14.

Direkt neben dem Friedhof liegt es, und viele Passanten werden sich an die große Baustelle und das "Hausgerippe" erinnern, zu dem das Schmuckstück in den vergangenen Monaten abgemagert war. Tatsächlich wurde das 1749 erbaute Haus aufwendig instand gesetzt. So wurde ein Kleinod erhalten, zu dessen Geschichte auch Bier und Schnaps sowie leckere Brotlaibe gehören.

Das hübsche Haus wird als denkmalschutzwürdig eingestuft - als Teil eines Ensembles. Dazu gehören das alte Backhaus und die Remise hinter dem Gebäude sowie drei Linden, sogenannte Windbäume, auf der Vorderseite. Besitzer der Gebäude ist das Ehepaar Ernst, das seit 21 Jahren dort zusammen wohnt. Ingrid Ernst, geborene Albers, lebt "schon immer" in dem Haus, das sich seit dem 18. Jahrhundert im Besitz ihrer Familie befindet.

"Mein Urgroßvater Jochim Albers hat in dem Haus eine Gaststätte und eine Bäckerei betrieben", erzählt Ingrid Ernst. Nachfolgende Generationen führten die Geschäfte weiter. Im Flur und in dem Bereich, in dem seit 1984 der Ent- und Bewässerungsverband untergebracht ist, gab es einen langen Tresen. "Dort wurde nach den Beerdigungsfeiern auf dem benachbarten Kirchengelände Kaffee und Kuchen angeboten", sagt Ingrid Ernst. Erst 1983 stellte ihre Mutter Lotti Albers den Betrieb der "Gaststätte Albers" ein. "Die Bäckerei wurde von meinem Vater bis 1963 betrieben."

Erste Besitzer des Hauses mit 154 Quadratmetern Grund- und 280 Quadratmetern Wohnfläche waren Peter Eggers und Elsche Riecken. Sie erwarben das Baugrundstück Mitte des 18. Jahrhunderts für 22 Mark von dem Organisten Joachim Friedrich Griebel.

Die ehemalige Gaststube, die von den Ernsts noch immer als solche bezeichnet wird, diente lange als separate Wohnung. Sie wird nun für Feste und Zusammentreffen mit bis zu 50 Freunden und Verwandten genutzt. Ende der 1990er-Jahre ließ das Ehepaar den Raum in seinen ursprünglichen Zustand zurückbauen. "Wir haben sogar den kleinen Tresen, den es hier mal gab, nachgebaut", sagt Klaus Ernst.

Bereits in den 1980er-Jahren wurde das Backhaus restauriert. "Dort lebten damals unsere drei Söhne", sagt Ingrid Ernst. "Inzwischen sind sie alle erwachsen und aus dem Haus."

Im vergangenen Jahr wurden zahlreiche Instandsetzungsarbeiten an dem Haus vorgenommen. Klaus Ernst: "Die zum Friedhof gerichteten Außenmauern wurden inklusive der Stützbalken aus Eiche erneuert, denn das Haus drohte aufgrund maroder Holzbalken abzusacken." Zudem ließ das Ehepaar das Fundament erneuern, den Eingangsbereich umbauen, den Schornstein verschiefern und das Dach entmoosen. Federführend bei der Instandsetzung war, wie auch bei den Arbeiten in den Jahrzehnten zuvor, der in Kirchwerder lebende Design-Tischler Jonas Moje.

Während der fünfmonatigen Bauarbeiten verlegte der Ent- und Bewässerungsverband sein Büro in die alte Gaststube. "Die Flaschen waren allerdings weggeschlossen", sagt Verbandstechniker Torsten Riecken schmunzelnd.

"Bis auf Kleinigkeiten sind wir nun mit allen Instandsetzungsarbeiten durch", sagt Klaus Ernst. Auf eine "Kleinigkeit" freut er sich besonders: Demnächst soll über dem Haupteingang eine "Krone", eine Haube als Regenschutz für Besucher, installiert werden.