Ochsenwerder. Die Kinder vom Deich sind erfolgreicher denn je: Die Musiker von “Deichkind“, die lange in Ochsenwerder gelebt und gearbeitet haben, touren derzeit durch Europa.

Im Gepäck haben die aus Bergedorf stammenden Deichkinder Philipp Grütering (34) und Sebastian "Porky" Dürre (31) sowie ihre drei Bandkollegen die Lieder von ihrer aktuellen CD "Arbeit nervt".

Während die Gruppe 2004 noch auf der kleinen Wutzrock-Bühne am Eichbaumsee rappte, mobilisiert sie mittlerweile Zehntausende. So geschehen beim Hurricane-Festival in Scheeßel, als die Bergedorfer ein riesiges Menschenmeer zum kollektiven Hüpfen animierten. Radiosender in ganz Deutschland (und darüber hinaus) spielen ihre Hits.

Statt mit dem eigenen Pkw oder im VW-Bus reisen die Deichkinder inzwischen im modernen Nightliner von Konzert zu Konzert. Ansonsten ist ihnen der Erfolg kaum anzumerken: Die Musiker bevorzugen nach wie vor Pizza statt Scampi. "Wir werden auf der Straße auch nicht erkannt. Dafür sehen wir zu gewöhnlich aus. Außerdem tragen wir auf der Bühne und in den Videoclips oft Masken", sagt Philipp.

Obwohl sie in Bergedorf Verwandte haben, sind Philipp und Sebastian in ihrer Heimat nur noch selten anzutreffen. Das sich das Gesicht des Bezirks verändert, haben sie allerdings mitbekommen: "Der Bahnhof wird ja auch schon ewig umgebaut", sagt Philipp, der seit einigen Jahren in Berlin lebt.

Die alten Kontakte werden von den Deichkindern, die früher regelmäßig im Haus der Jugend Heckkaten und im Jugendzentrum an der Wentorfer Straße 26 geprobt haben, jedoch gepflegt. So treten sie 2009 bei Konzerten in Groningen (Niederlande) und Austin (USA) auf - organisiert vom Bergedorfer Event-Manager Alexander Schulz.

Das neue, vierte Album seit der Bandgründung 1997 bietet partytauglichen "TechRap", wie die Gruppe ihren Musikstil bezeichnet - eine von elektronischen Beats geprägte Mischung aus Techno und Rap.

Der Humor von "Deichkind" ist schräg, prollig und manchmal hintergründig: In dem Video zur neuen Hit-Single "Arbeit nervt" tanzen die Elektro-Rapper mit Bombengürteln aus Bierdosen um den Körper gewickelt in einem Dauerregen aus Gerstensaft. Dazu zitieren sie Oscar Wilde: "Ehrgeiz ist die letzte Zuflucht des Versagers".

Die Bierduschen haben die Musiker schon live zelebriert. Philipp: "Da haben wir 1000 Halbe-Liter-Dosen verteilt und den Countdown gezählt." Über den Köpfen des Publikums, habe es "das Atompils" gegeben.

Das Cover des neuen Albums ziert das Gesicht eines jungen Mannes, der seinen Rausch ausschläft. "Wir haben das Bild aus dem Internet", sagt Philipp. Die Band, die sich auf der Seite besoffene-dekorieren.de bedient hatte, war froh, dass es mit der Veröffentlichung keinen Ärger gab - im Gegenteil. Philipp: "Wir haben später herausgefunden, dass der Mensch auf dem Foto ein Fan von uns ist."

Live warten die Kinder vom Deich mit einigen Überraschungen auf: "Wir haben eine neue, robustere Zitze gebaut - 600 Kilogramm schwer, 32 Quadratmeter groß und mit vielen Lampen ausgestattet", sagt Sebastian schmunzelnd. Die alte Riesen-Zitze habe als Showtreppe nicht mehr ausgereicht. Das übergroße Saugorgan nimmt bei den abgedrehten Shows der Musiker, die wie vom Affen gebissen in Plastiksäcke und Klarsichtfolie gekleidet über die Bühne springen, eine zentrale Rolle ein: Sein Innenleben besteht aus Schläuchen, es dient als Zapfanlage. Sebastian: "Wenn wir mal pleite sind, haben wir immerhin genug Brennholz."

Ihren Sinn für Humor verlieren die Musiker nur, wenn ihnen ihre Plattenfirma reinreden will: "Wir wollen beispielsweise nicht in blöden Talkshows auftreten", sagt Philipp. Die Band habe selbst genug gute Ideen, um sich zu vermarkten. Philipp: "Nach zwölf Jahren haben wir endlich bemerkt, dass wir immer eine Indie-Band waren, obwohl wir ständig einen Major-Vertrag hatten."

Die "Deichkind"-Konzerte im Docks, Spielbudenplatz 19, am 20. und 21. Dezember sind längst ausverkauft. Karten gibt es noch für ein Zusatzkonzert am Montag, 22. Dezember, 21 Uhr - www.deichkind.de .