Die Grabenrolle ist eine Art “heilige Schrift“ des Ent- und Bewässerungsverbandes der Marsch- und Vierlande. In der “Rolle“, die in 36-facher Ausführung existiert - eine für jeden Gewässerbezirk -, ist exakt verzeichnet, welcher der 3300 Grundstückseigentümer welchen Graben wie zu pflegen hat.

Die sogenannte Grabenrolle regelt genau, welcher Anwohner welchen Graben wie zu pflegen hat.

Jede Grabenrolle besteht aus einem Plan, in dem alle Gräben des Verbandes in dem jeweiligen Gewässerbezirk verzeichnet sind. Zu jedem Plan gehört ein Buch mit den Namen aller Mitglieder und den Graben-Abschnitten, um die sie sich kümmern müssen. Im Verbandsgebiet gibt es etwa 850 Kilometer Graben.

Das in den Grabenrollen verzeichnete Gebiet ist in vier Schau- und 36 Gewässerbezirke unterteilt. Sie reichen südlich der Dove-Elbe von Neuengamme bis Spadenland. "Nördlich der Dove-Elbe ist das Bezirksamt zuständig", sagt Verbandstechniker Torsten Riecken (34).

Die Anlieger im Verbandsgebiet sind verpflichtet, "ihre" Gräben instandzuhalten. In der Regel müssen sie die Böschung mähen und die Grabensohle entkrauten. Gelegentlich ist zudem eine Entschlammung erforderlich. Die Markierungen der ihnen zugeteilten Abschnitte nehmen die Anwohner selbst vor. "Da wandern nachts schon mal Begrenzungspfähle", sagt Riecken schmunzelnd.

Bei der jährlichen Grabenschau im November wird der Zustand der Entwässerungssysteme überprüft. Im vergangenen Jahr gab es mehr als 200 Beanstandungen. Sie können bis zu 150 Euro Mahngebühr zur Folge haben. Wer auch zur Nachschau keinen gepflegten Graben präsentiert, muss damit rechnen, dass die Arbeiten von Profis übernommen und in Rechnung gestellt werden.

Bei einigen Anliegern wird die Fläche der zu unterhaltenden Gräben nach der Größe ihrer Grundstücke berechnet. Sie müssen sich mitunter auch um Gräben kümmern, die nicht an ihr Grundstück grenzen. Riecken: "Früher war das ausschließlich so. Heute markiert allerdings meist die Breite des Grundstücks die zu unterhaltende Grabenfläche."

Der Marsch- und Vierländer Verband ist der größte der Ent- und Bewässerungsverbände in Hamburg. Neben Riecken und einer ebenfalls angestellten Verwaltungskraft sind dort mehr als 40 ehrenamtliche Mitarbeiter tätig.

Im Verbandsgebiet gibt es auch Bereiche, in denen Grabenpflege überflüssig ist - etwa am Kirchwerder Hausdeich in Höhe des Gasthofs Hitscherberg. Aufgrund der hohen Lage fließt das Wasser dort auf natürlichem Wege bergab. "Wer da wohnt, zahlt nur Beitrag", sagt Riecken. "Der hat halt Glück."

* Die jährlichen Mitgliedsbeiträge richten sich nach der Grundstücksgröße: Für bis zu 1500 Quadratmeter werden 15 Euro verlangt, bis zu 5000 Quadratmeter kosten 20 Euro, bis zu einem Hektar 30 Euro, zwei Hektar 45 Euro, bis zu drei Hektar 60 Euro. Jeder weitere Hektar schlägt mit drei Euro zu Buche. Zudem werden für jedes Haus, das auf dem Grundstück steht, fünf Euro verlangt.