Reinbek. Starke Leistungen bei den Hamburger Jugend-Meisterschaften im Wentorf-Reinbeker Golf-Club. Was Erwachsene vom Nachwuchs lernen können

Nachdenklich steht Kai Kompisch auf einer Par-4-Bahn des Wentorf-Reinbeker Golf-Clubs, dessen Jugendwart er ist, und schaut hinunter zum weit entfernten Grün. Par 4 bedeutet: Mit zwei Schlägen geht es aufs Grün, mit zwei weiteren ins Loch. Macht vier Schläge, Par 4 eben.

Nicht so bei der Elite der Golf-Jugend, die anlässlich der Hamburger Meisterschaften zu Gast auf der Anlage ist. Schon 15-Jährige, hat Kompisch verblüfft festgestellt, gehen da ganz anders ran. „Die stellen sich hin, holen die Keule raus und nageln das Ding aufs Grün“, schildert er fasziniert. „Ich meine, ich kann das auch, aber ich bin über 40.“

Golf: Hamburger Jugendmeisterschaften mit außergewöhnlichen Leistungen

In der Tat waren die Leistungen bei den zweitägigen Titelkämpfen in den Altersklassen AK14, AK16 und AK18 ganz außerordentlich. Da wurden Putts aus sechs, sieben Metern Entfernung versenkt und bei den langen Schlägen immer wieder mühelos der Weg durch den üppigen Baumbestand der Anlage gefunden, der schon so manchen Golfer zur Verzweiflung getrieben hat.

Nico Kregler (Hittfeld) gewann die spannende U18-Konkurrenz und ist damit der neue Hamburger Meister.
Nico Kregler (Hittfeld) gewann die spannende U18-Konkurrenz und ist damit der neue Hamburger Meister. © Volker Gast | Volker Gast

Am Ende setzten sich die Favoriten durch. Bei den AK18-Mädchen erspielte sich die Titelverteidigerin Victoria Stoll (Hamburger GC) schon am ersten Tag mit einer 71er-Runde auf dem Par-72-Kurs zwei Schläge Vorsprung vor der Konkurrenz und konnte sich dann am zweiten Tag eine 76er-Runde leisten. Die 18-Jährige, die Nummer 29 der deutschen Rangliste, siegte mit drei über Par vor Leonie Breutigam (GC Hamburg-Holm/+4) und Becky Julie Baberg (HLGC Hittfeld/+6).

Favoritensiege durch Victoria Stoll und Nico Kregler

Ähnlich schien es bei den U18-Jungs zu laufen, bei denen nach dem ersten Tag mit Leander Neuhaus (GC Hamburg Wendlohe) mit einer 69er-Runde ebenfalls der Titelverteidiger vorn liegt. Doch hier ist alles viel enger. Vier Spieler liegen nach dem ersten Tag innerhalb eines Schlages. Jetzt sind gute Nerven gefragt!

Und die beweist schließlich Nico Kregler (Hittfeld), als Dritter der deutschen Rangliste ohnehin der eigentliche Favorit. Kregler spielt gleichmäßig wie ein Uhrwerk und bleibt mit zwei 70er-Runden am Ende vier Schläge unter Par. So liegt er knapp vor Neuhaus (-3) und Ferdinand Barth (Hamburger GC/-2). Barth sorgte am zweiten Turniertag jedoch für ein ganz besonderes Highlight, indem er mit einer 67 die beste Runde des gesamten Turniers spielte und so noch auf den Bronzerang sprang. Fünf unter Par bei einem Jugendturnier – das ist wirklich nicht von dieser Welt!

Mit Lasergeräten wird der Abstand zur Fahne bestimmt

Solche Leistungen kommen nicht von ungefähr. Die Jugendlichen nutzen Lasergeräte, um den Abstand zum Grün zu messen. Hightech für den optimalen Schlag. „Die haben hier alle solche 500-Euro-Teile am Start“, staunt Kompisch. „Manche können Faktoren wie Luftdruck, Regen oder das Höhenprofil herausrechnen, aber diese Funktion ist bei den Titelkämpfen nicht erlaubt.“

Für den Gastgeber Wentorf-Reinbeker Golf-Club bedeutete der reibungslose Ablauf der Wettkämpfe einen großen Erfolg, zu dem zahlreiche freiwillige Helfer beigetragen hatten, vor allem aber das Jugendteam um Kompisch und Jugendausschuss Hannelore Milbret, die Scorekarten und Pläne ausdruckten, das Essen für die Half-way-Verpflegung besorgten und für alle jederzeit ansprechbar waren.

Mit 60 Anmeldungen gerechnet, knapp 120 Jugendliche kamen

„Ich bin heute Morgen schon um halb sechs aufgestanden“, schilderte Milbret, die mit ihren Mitstreitern das große Event wochenlang vorbereitet hatte: „Alles ehrenamtlich!“ „Wir hatten vielleicht so mit 50, 60 Anmeldungen gerechnet“, ergänzt Kompisch. „Dann kamen fast 120.“

Die Anstrengungen des Jugendteams lohnen sich für den Wentorf-Reinbeker Golf-Club, dessen Mitgliederstruktur sich langsam verjüngt. „Wir haben mittlerweile schon über 100 Kinder im Verein, davon 54, die regelmäßig zweimal pro Woche bei uns trainieren“, schwärmt Milbret.

Woanders ist der Aufwand noch ungleich höher. Vor allem beim Branchenprimus, dem Hamburger Golf-Club Falkenstein aus Blankenese, der von der U14 bis zur U18 insgesamt neun der 18 Podestplätze eroberte, also genau die Hälfte aller möglichen Medaillen holte. „Unsere leistungsorientierten Jugendlichen trainieren fünfmal pro Woche“, erläutert Frederic Ammon, einer von vier mitgereisten Falkensteiner Coaches.

Es sind die finanzkräftigen Mitglieder, die einen solchen Einsatz von Coaches im Jugendbereich möglich machen. Dass den Falkensteinern dadurch das Image eines Reiche-Leute-Clubs anhängt, quittiert Ammon mit einem Achselzucken. „Ich interessiere mich nicht dafür, welche meiner Schüler an der Elbchaussee wohnen“, macht er deutlich. „Und abgesehen davon: Die Häuser hier in Reinbek sollen ja auch nicht gerade billig sein.“

Der Hamburger GC Falkenstein ist in der Hansestadt das Maß aller Dinge

Der sportliche Erfolg der Hamburger spricht ohnehin für sich: Bei den deutschen Mannschaftsmeisterschaften 2023 im GC Rhein-Wied ließen sich die Falkensteiner U16-Jungs auch von einer Gewitterunterbrechung am zweiten Tag nicht verunsichern und holten sich den Titel. Die U14-Jungen wurde Zweiter hinter München.

Unter den Augen der Konkurrenz: Marla Neuhaus (GC Hamburg Wendlohe, l.) locht ein, Renée Weigang (Hamburg-Walddörfer) schaut ganz genau hin.
Unter den Augen der Konkurrenz: Marla Neuhaus (GC Hamburg Wendlohe, l.) locht ein, Renée Weigang (Hamburg-Walddörfer) schaut ganz genau hin. © Volker Gast | Volker Gast

Golf boomt. Aktuell schwingen in Deutschland 682.000 Menschen in einem Golfclub den Schläger – so viele wie noch nie. Zum Vergleich: Zur Jahrtausendwende waren es noch 400.000. Allerdings: Knapp die Hälfte der Golfspielerinnen und Golfspieler ist über 60 Jahre alt. Es ist also immer noch ein Seniorensport. „Unser großes Ziel ist es, Golf zu einem Volkssport zu machen“, betont Hannelore Milbret. „Schließlich ist es ein Sport, den man von frühester Jugend bis ins hohe Alter betreiben kann.“

Nach Fußball, Turnen und Tennis ist Golf die Nummer vier in Hamburg

Dafür investieren sie ihre Freizeit, und zumindest bei uns im Norden ist die Sportart auch bemerkenswert erfolgreich. In Hamburg ist der Golfverband mit 22.000 Mitgliedern der viertgrößte der Stadt nach Fußball, Turnen und Tennis. In Schleswig-Holstein ist der Golfverband mit 53.500 Mitglieder die Nummer sieben.

Um diesen Trend in Zukunft erfolgreich fortsetzen zu können, ist es natürlich notwendig, dass bei den Meisterschaften nicht nur die großen Vereine die Titel unter sich ausmachen, sondern dass auch andere Clubs konkurrenzfähig bleiben. Und so hatten die Hamburger Meisterschaften für den Ausrichter Wentorf-Reinbeker Golf-Club noch ein ganz besonderes Happy End parat.

Tessa Fischelmanns vom Wentorf-Reinbeker Golf-Club schafft es ins Finale

Als einzige Spielerin des Gastgebers qualifizierte sich Tessa Fischelmanns mit einer 90er-Runde für den Cut und den zweiten Turniertag, an dem nur noch die besten Neun jeder Altersklasse ran durften. Tessa Fischelmanns ließ eine 98er-Runde folgen und belegte am Ende in der AK 14 einen hervorragenden siebten Platz. Und wenn sich Jugendwart Kai Kompisch demnächst mal wieder fragt, wie er es am besten aufs Grün schafft, dann kann er sich ja Rat bei dem jungen Nachwuchstalent des Vereins holen.

Die weiteren Meister: AK14 Jungs: Johann Mons (Hamburger GC), AK15 Mädchen: Liv Eckhard (Hamburger GC), AK 16 Jungs: Julius Caspar Aßmann (Hamburger GC), AK16 Mädchen: Sophia Matthiessen (Hamburger GC)