Lauenburg. Die LSV-Handballerinnen können nun den Sprung in die Oberliga nicht mehr aus eigener Kraft schaffen. Was ihnen trotzdem Mut macht.

Was für ein Kraftakt, den sich die Handballerinnen der Lauenburger SV da vorgenommen hatten. Binnen 20 Stunden wollten sie die beiden besten Teams der Schleswig-Holstein-Liga, den HC Treia/Jübek und die HSG Tarp/Wanderup, schlagen und sich so kraftvoll im Kampf um den Oberliga-Aufstieg zurückmelden. „Unser Ziel sind 4:0 Punkte“, hatte LSV-Trainer Daniel Schwarz zuvor selbstbewusst ausgegeben. Oder war das nur das berühmte Pfeifen im Walde?

Mitte der zweiten Hälfte sieht es gegen Treia/Jübek jedenfalls alles andere als gut aus. Die Elbdiven liegen mit zwei Toren hinten (12:14), und es spricht wirklich nicht viel dafür, dass sie das noch aufholen. Die Gäste sind mit der imposanten Serie von sechs Siegen in Folge angereist, und so treten sie auch auf. Das Publikum in der voll besetzten Sporthalle am Hasenberg spürt, dass die Gastgeberinnen in Not sind, und feuert die LSV lautstark mit kräftigen Paukenschlägen an. Da ist sie wieder, die „Hasenberghölle“.

Beide Mannschaften kennen einander in- und auswendig

Doch es bleibt ein zähes Ringen. Beide Teams kennen einander in- und auswendig, wo auch immer im Angriff ein Ball hingespielt wird, ist eine Verteidigerin schon da. Doch einen Unterschied zwischen den Vereinen gibt es: Bei den Gästen aus dem Raum Schleswig stammt mittlerweile die halbe Mannschaft aus der erfolgreichen früheren A-Jugend, alle Jahrgang 2000 bis 2002. Von so einem Unterbau können sie in Lauenburg nur träumen. Vielleicht ein Aspekt, der dafür spricht, dass die LSV doch nicht so gut für die Oberliga aufgestellt wäre wie andere Vereine.

Eine von diesen Jungen, die bärenstarke Laura Wohlert in der Rückraum-Mitte, reißt die Partie jetzt an sich. Immer wieder steigt sie hoch, bereit, den Aufstiegshoffnungen der Lauenburgerinnen nun im Alleingang ein Ende zu bereiten. Doch dieses Ungestüme ist ja auch eine Schwäche der Jugend. Denn Wohlert hat die Rechnung ohne ihre große Gegenspielerin gemacht: Lena Gansor-Kaatz.

Sabrina Reimers ragt mit sechs Toren heraus

Die Torhüterin der Lauenburger SV hat sich das Treiben schon eine ganze Weile angeschaut. Je mehr die Stimmung in der Halle hochkocht, desto cooler wird „Muschi“, wie sie in der Mannschaft genannt wird. „Die Kulisse kriegt man während des Spiels schon mit, aber ich kann das ganz gut ausblenden“, erläutert sie. Um den Fokus auf das Wesentliche nicht zu verlieren: die Würfe der Gegnerinnen. Wir schreiben Minute 50, und Wohlert wird nun in der Schlussphase noch ein halbes Dutzend Würfe nehmen, ohne auch nur einen einzigen davon zu treffen. Wo immer sie hinzielt, ein Arm oder ein Bein von Gansor-Kaatz sind schon da.

Lena Hadeler lässt HSG-Verteidigerin Rieke Jessen (Nr. 18) stehen. Hadeler verwandelte fünf von fünf Siebenmetern gegen Tarp/Wanderup, doch es half nichts.
Lena Hadeler lässt HSG-Verteidigerin Rieke Jessen (Nr. 18) stehen. Hadeler verwandelte fünf von fünf Siebenmetern gegen Tarp/Wanderup, doch es half nichts. © Volker Koch | Volker Koch

Es ist nur einer der Aspekte, die zur Wende führen werden. Die Lauenburgerinnen hauen sich jetzt so richtig rein in diese Partie und drehen sie. Luisa Rott gleicht zum 14:14 aus, danach gibt es kein Halten mehr. Die LSV siegt mit 18:16. Der riskante Matchplan mit zwei Kreisläuferinnen ist aufgegangen. „Die Bewegung in der Offensive war heute mit entscheidend“, analysiert Sabrina Reimers, mit sechs Treffern die beste Torschützin ihres Teams.

Nach der Herausstellung von Sarah Lemmermann bricht die LSV ein

Fehlt also nur noch Kraftakt, Teil 2. Die richtige Nachbereitung der Partie ist daher alles. „Wir sollen zehn Minuten auslaufen und müssen dann schnell nach Hause ins Bett“, schildert Lena Hadeler die Vorgaben ans Team, und ihr Gesichtsausdruck lässt keinen Zweifel daran, dass es ein sehr, sehr großes Opfer ist, das der Sport da von ihr verlangt. An fehlender Kraft soll es nicht scheitern. „Wir sind konditionell gut aufgestellt“, ist Reimers überzeugt. „Wir können das, da sehe ich kein Problem“, pflichtet Hadeler bei.

Knapp 20 Stunden später läuft dann aber gegen Tarp/Wanderup alles schief. Nie finden die Elbdiven in die Partie, liegen schnell 0:3, 10:16 und 17:23 hinten. Als die unermüdliche Reimers auf 20:24 verkürzt, keimt noch mal kurz Hoffnung auf. Doch nach der Herausstellung von Sarah Lemmermann (45.) werfen die Gäste fünf Tore nacheinander, ziehen auf 30:20 davon, die „Hasenberghölle“ ist kalt, der Ofen aus. Am Ende heißt es 24:32 aus Sicht der Elbdiven.

Jetzt sind die Elbdiven auf Schützenhilfe angewiesen

„Wir haben alles gegeben, aber die haben uns irgendwie überrannt“, sagt Lena Bahde hinterher ratlos. „Da haben halt ein paar Körner gefehlt“, analysiert die Co-Trainerin Ulrike Wiegleb. „Vor allem aber haben wir uns im Angriff viel zu viele technische Fehler geleistet. Selbst bei der Belastung mit zwei Spielen in so kurzer Zeit kann das nicht unser Anspruch sein, wenn wir um den Aufstieg mitspielen wollen.“

Den haben die Elbdiven nun nicht mehr in der eigenen Hand, sind auf Schützenhilfe angewiesen. Sechs Spiele vor Schluss haben sie fünf Minuspunkte Rückstand auf den Tabellenführer HSG Tarp/Wanderup. Ist das noch machbar oder nicht? Da gehen die Meinungen in der Mannschaft auseinander. „Es ist noch alles offen“, beharrt Lena Bahde. „Wir schauen jetzt einfach von Spiel zu Spiel und haben keinen Druck.“ „Fünf Minuspunkte sind im Normalfall nicht mehr aufzuholen“, hält Wiegleb dagegen und verweist auf das hammerharte Restprogramm mit Auswärtsspielen beim TSV Lindewitt (4. März), bei Stjernen Flensborg (26. März) und zum Saisonabschluss in Tarp (29. April).

Am 26. Februar wird die „Hasenberghölle“ wieder angeheizt

Doch erst einmal steht in dieser verrückten Liga der nächste Klassiker an: Am kommenden Freitag muss Spitzenreiter Tarp/Wanderup zum Derby bei den jungen Himmelsstürmerinnen von Stjernen Flensborg, dem Tabellenzweiten, reisen (20.30 Uhr, Moltkestraße). Dann wird man vielleicht schon mehr wissen. Die Elbdiven haben nächstes Wochenende frei, bitten erst am 26. Februar zu Hause gegen Schlusslicht SG Dithmarschen zum nächsten Tanz in der „Hasenberghölle“ (15 Uhr, Schulstraße).

LSV-Tore gegen Treia/Jübek: Sabrina Reimers (6), Luisa Rott (4), Lena Hadeler (4/1), Maren Knakowski (3), Lena Bahde (1); LSV-Tore gegen Tarp/Wanderup: Sabrina Reimers (7), Lena Hadeler (6/5), Maren Knakowski/Lena Bahde (je 3), Sarah Lemmermann, Joelle Gümüsdere (je 2), Svea Böge (1)