8500 Figuren. So viele mussten die fleißigen Helfer des Bille SC jedes Jahr im Bergedorfer H4 Hotel aufstellen, wenn am ersten Januar-Wochenende mal wieder das Vorrunden-Turnier zur Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft (DSAM) anstand. Ein Knochenjob. Wenn über 520 Schachspieler gleichzeitig an den Brettern sitzen und über ihre Züge nachgrübeln sollen, müssen zuvor Hunderte Namen registriert, Hunderte Lose gezogen sowie Hunderte Schachbretter und Uhren aufgestellt werden. Anschließend müssen die Ergebnisse erfasst und für jeden einzelnen Spieler hinsichtlich der deutschen Rangliste ausgewertet werden.
Das Aus nach 17 Jahren
Im kommenden Januar können sich die fleißigen Helfer getrost etwas anderes vornehmen, denn das Bergedorfer Schach-Event wird es nicht wieder geben. Die Hotelkette H-Hotel.com und der Deutsche Schachbund (DSB) haben nach 17 Jahren ihre Zusammenarbeit beendet. Für die Bergedorfer Schachszene ist das ein schwerer Schlag. Im Erwachsenenbereich war das Event im hiesigen H4 Hotel das größte Turnier Deutschlands. Nur im Kinderschach, wo es noch keine Ranglisten-Auswertung gibt, werden noch höhere Teilnehmerzahlen erreicht. So hält zum Beispiel der traditionsreiche Hamburger Schüler-Wettkampf „Rechtes Alsterufer gegen linkes Alsterufer“ mit 4240 Teilnehmern im Jahr 2017 den Weltrekord als größtes Schachturnier aller Zeiten.
Zusammenarbeit des H4 Hotels mit DSB ist beendet
Seit 17 Jahren ist Bergedorf einer der Standorte der Deutschen Schach-Amateur-Meisterschaft, die nach dem früheren Hotelnamen ursprünglich „Ramada-Cup“ hieß. Ein 18. Turnier wird es jedoch nicht mehr geben. „Wir bestätigen, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Schachbund und unserem Hotel H4 Hotel Hamburg Bergedorf im gegenseitigen Einverständnis beendet ist“, erklärt ein Unternehmenssprecher der H-Hotels.com. Die Denksportler setzen ihre Figuren künftig in anderen Hotels.
Geheime Kommissionszahlungen
Ursache für diese Entwicklung ist ein Streit, manche nennen es Skandal, den der Deutsche Schachbund (DSB) anlässlich der deutschen Senioren-Meisterschaften im Juli im Bergedorfer H4 Hotel publik machte. Zwischen dem Organisator der Turnierserie, Dr. Dirk Jordan, und den Hotels der DSAM-Serie soll es Nebenabreden gegeben haben. Kommissionszahlungen in Höhe von zwölf Prozent der Zimmerpreise sollen an einen Verein „64 Felder“ geflossen sein, der laut der Fachzeitschrift „Schach“ „von Jordan kontrolliert“ werde.
DSB: „Das war illegal“
„Diese Nebenabreden hat es seit Anbeginn der Serie gegeben“, erklärt der Geschäftsführer des DSB, Dr. Marcus Fenner, auf Nachfrage unserer Redaktion, „das Turnier war darauf ausgelegt. Dass dies illegal ist, ist nach Auskunft unserer Anwälte unstrittig.““ Seit 2001 seien so „mehrere Hunderttausend Euro“ geflossen, bezifferte der DSB-Präsident, Ullrich Krause, gegenüber „Schach“ . Ob Jordan dazu berechtigt war, solche Nebenabreden zu treffen, darum dreht sich nun der Streit. Anwälte beider Seiten bemühen sich, den Sachverhalt zu klären. Ein Rechtsstreit soll vermieden werden.
Organisator Jordan: „Ich habe nichts falsch gemacht“
„Es geht ja letztlich immer darum, etwas für das deutsche Schach zu tun“, betont Jordan. Als Organisator zahlloser Schachturniere hat er sich in der Szene einen guten Ruf erworben, der nun auf dem Spiel steht. „Ich habe nichts falsch gemacht“, betont Dr. Jordan, „die Anwälte, die ich beauftragt habe, sagen mir, es gibt keinen justiziablen Ansatz.“
Neues Hamburger Turnier geplant
Derweil ist ein neues DSAM-Turnier in Hamburg offenbar schon in Planung. Die Denksportler des Nordens sollten sich auf jeden Fall schon einmal das zweite Februar-Wochenende vormerken. Für diesen Termin ist noch ein Standort eines Vorrundenturniers zur DSAM offen, und es wird angestrebt, dieses im Großraum Hamburg abzuhalten.
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