Von Volker Gast

Wohltorf.
Es war nur ein bedeutungsloses Testspiel Anfang April gegen den Hamburger Polo Club, doch für die Hockeyspielerin Julie Hebbeler vom TTK Sachsenwald bedeutete es eine dramatische Wende in ihrer noch jungen Karriere. "Ohne dass eine Gegnerin in der Nähe gewesen wäre, ist sie plötzlich zusammengesackt", erinnert sich ihr Trainer Christian Ridder, "wir dachten erst, sie wäre umgeknickt. Aber sie konnte ihr Knie nicht mehr beugen."

Die anschließende Magnetresonanztomographie (MRT) im Krankenhaus war ein Schock: Einen Knorpelschaden vierten Grades diagnostizierten die Ärzte im rechten Knie. Das ist die zweitschlimmste Stufe, denn fünf Grade gibt es. Eine Verletzung also, wie sie Leistungssportler normalerweise nur am Ende einer langen Karriere ereilt. Doch Hebbeler ist gerade mal 21 Jahre alt.

"Ich habe im Grunde genommen nur einen doofen Schritt gemacht", sagt sie, "da ist sofort der Schmerz ins Knie geschossen. Vorher habe ich eigentlich nie Probleme gehabt, außer vielleicht wenn ich lange Strecken auf Asphalt gelaufen bin. Aber da denkt man dann natürlich, das ist normal, den Gelenken reicht's jetzt einfach."

Dennoch muss sich der Schaden über Jahre aufgebaut haben. Die Rückseite ihrer Kniescheibe war beschädigt, flüssiger Knorpel drang dort ein. Wegen ihrer Jugend entschied sich Julie Hebbeler gegen eine Operation und für eine konservative Behandlung durch Physiotherapie. Nach fünf Monaten ist das Knie nun soweit stabilisiert, dass sie am kommenden Dienstag erstmals wieder beim Training der Regionalliga-Damen mitmischen kann. Mit viel Vorfreude und großem Respekt, aber ohne Angst, wie sie betont. "Ich gehe davon aus, dass irgendwann einmal eine Operation kommen wird", sagt sie, "aber den Hockeysport an den Nagel zu hängen, kam für mich nie in Frage."

Wenn die TTK-Frauen zum Saisonstart am Sonntag den Club an der Alster II zu Gast haben (14 Uhr, Am Tonteich), wird die auf dem Platz sehr impulsive Blondine aber zunächst noch ihre in den vergangenen Wochen gewohnte Rolle als Co-Trainerin an der Seitenlinie einnehmen. "Die Mannschaft hat mich in den vergangenen Wochen wahnsinnig gepusht dadurch, dass ich dabei bleiben durfte", blickt Hebbeler zurück. So ganz leicht ist ihr die Zuschauerrolle aber nicht gefallen. "Manchmal gab es Situationen, wo ich am liebsten gesagt hätte: Okay, gebt mir einen Schläger, ich will da raus!", schildert sie, "das dann nicht zu können, war für mich das Schwerste überhaupt."

Auch am Sonntag könnte ihre Geduld wieder auf eine harte Probe gestellt werden, denn die Form der Wohltorferinnen ist - gelinde gesagt - nicht gerade olympiareif. "Mit unserer Vorbereitung bin ich überhaupt nicht zufrieden", klagt Ridder. Zu viele Spielerinnen hätten sich nicht an den Athletik-Plan gehalten, sondern im Sommer lieber "dolce vita gemacht" (Ridder). Ob so etwas aus den Aufstiegshoffnungen wird, erscheint fraglich. Doch wie das Schicksal von Julie Hebbeler zeigt, gibt es Wichtigeres im Sport als Tore und Siege. Manchmal ist es schon der schönste Erfolg, überhaupt wieder Sport treiben zu dürfen.