Aiguebelette
(vg/dpa).
Für den Deutschland-Achter geht das lange Warten auf den ersten großen Triumph seit den Olympischen Spielen von London 2012 weiter. Zum dritten Mal in Serie musste sich das DRV-Paradeboot in einem Weltmeisterschafts-Finale mit Rang zwei hinter Großbritannien begnügen.

Selbst Minuten nach dem Rennen von Aiguebelette (Frankreich) verharrte die Crew gestern Nachmittag noch immer regungslos im Boot. Und auch die Blumen von IOC-Präsident Thomas Bach und die Silbermedaille bei der anschließenden Siegerehrung spendeten dem Deutschland-Achter nur wenig Trost. Bei allem Stolz über die starke Leistung im Finale der Ruder-WM überwog der Frust. "Natürlich ist man enttäuscht, weil es so knapp war", bekannte Trainer Ralf Holtmeyer, fügte aber trotzig an: "Dann schlagen wir sie halt im nächsten Jahr."

Vom Start weg hatten die Briten das Rennen dominiert. Der Titelverteidiger besaß nach 1000 Metern schon über eine Sekunde Vorsprung auf das DRV-Boot und hielt diesen Abstand auch bis nach der 1500 Meter-Marke. Erst mit ihrem starken Schlussspurt kamen die Deutschen noch einmal nah heran, doch zur erhofften Revanche reichte es nicht mehr. In 5:36,36 Minuten blieb ihnen nur Rang zwei, 18 Hundertstel hinter den Briten. Auf den weiteren Plätzen sicherten sich die Niederlande, Neuseeland und Russland die weiteren Olympia-Tickets für die Spiele im kommenden Jahr in Rio de Janeiro.

"Es ist genau das passiert, was eigentlich nicht passieren sollte", ärgerte sich Olympiasieger Eric Johannesen vom RC Bergedorf. "Wir wollten die Briten auf den mittleren 1000 Metern nicht wegfahren lassen. Das ist uns nicht gelungen." Doch der 27-Jährige richtete seinen Blick schnell wieder nach vorn. "Wir haben bis Olympia eine Aufgabe: Wir wollen angreifen und Gold gewinnen", betonte Johannesen, "Großbritannien ist eine starke Rudernation, hat in allen drei Riemen-Bootsklassen Medaillen geholt. Das muss man anerkennen. Das hier ist großer Sport, da ist es oft knapp, damit muss man leben."

Die knappe Niederlage des Achters brachte die deutsche Flotte um eine noch bessere Gesamtbilanz. Mit einmal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze fiel die Ausbeute in den 14 olympischen Klassen aber immerhin etwas besser aus als vor einem Jahr in Amsterdam, als es je einmal Gold, Silber und Bronze gegeben hatte. Für den einzigen WM-Triumph hatte der Männer-Doppelvierer am Sonnabend gesorgt. Weiteres Silber ging an den Frauen-Doppelvierer, Bronze an den Frauen-Doppelzweier. "Wir sind auf gutem Kurs, müssen im kommenden Jahr aber noch etwas zulegen", kommentierte DRV-Präsident Siegfried Kaidel. Nicht ganz im Soll lag die Flotte bei der Anzahl der Quotenplätze für Rio. Neun Teams buchten die Olympia-Tickets, fünf Boote müssen in die Nachqualifikation Ende Mai 2016 in Luzern.

Wieder auf Goldkurs steuerte der Doppelvierer. Nach den WM-Plätzen zwei in Chungju/Südkorea (2013) und drei in Amsterdam (2014) kehrten die Olympiasieger zurück auf das oberste Treppchen. Als die Australier bei der 1500-Meter-Marke zum finalen Angriff ansetzten und nur noch eine Luftkastenlänge zurücklagen, schlugen die Deutschen eiskalt zurück und bauten den Vorsprung bis ins Ziel aus. Weniger Grund zur Freude gab es im Frauen-Doppelvierer. Ausgerechnet im WM-Finale mussten die Titelverteidiger die erste Saisonniederlage gegen Außenseiter USA hinnehmen. Für die aus deutscher Sicht größte Überraschung sorgte hingegen der Frauen-Doppelzweier. Mit Rang drei übertraf das Duo alle Erwartungen.