Von Volker Gast

Kirchwerder.
Fröhliche Gesichter überall im Zielbereich des 20. Vierlanden-Triathlons am Hohendeicher See. Doch einer stört dieses Bild allgemeiner Glückseligkeit: Der Australier Ryley Kleinschmidt steht vornübergebeugt und übergibt sich so lange, bis der Magen nichts mehr hergibt. Auch das ist Triathlon.

Als Kleinschmidt wieder lächeln kann, erzählt er seine Geschichte. "Ich habe beim Schwimmen einen Schlag in die Rippen abbekommen und dadurch eine Menge Wasser geschluckt." Seine Freunde Javier, Carlos, Tsvetomir und Lukas, die ihn entlang der Strecke zünftig angefeuert haben, grinsen amüsiert. Alle arbeiten gemeinsam bei einem Hamburger Finanzdienstleister. Auf der Jedermann-Distanz (500 Meter Schwimmen, 20 Kilometer Radfahren, 5 Kilometer Laufen) belegt Kleinschmidt in 1:06,10 Stunden den 17. Platz. Das große Ziel des Manns aus Brisbane ist nun die halbe Ironman-Distanz (1,9/90/21,1), denn die Weltmeisterschaften im kommenden Jahr sind in seiner australischen Heimat an der Sunshine Coast.

Sieger der Jedermann-Distanz wird der Rostocker Thomas Winkelmann in 58,45 Minuten. In dieser Form kann er auch bei den deutschen Meisterschaften am kommenden Wochenende in Ingolstadt und bei den Europameisterschaften vier Wochen später in Genf vorne mitmischen. "Irgendwo soll eine Medaille für mich rausfallen. Das ist das Ziel", sagt er keck. Dafür schuftet er pro Woche 15 Stunden im Training.

Noch extremer - 30 bis 50 Stunden pro Woche - ist das Trainingsprogramm von Profi-Triathlet Andreas Raelert. Wenn einer wie er beim Vierlanden-Triathlon startet, dann ist das ungefähr so, als würde Roger Federer bei einem Bergedorfer Tennisturnier aufschlagen. Geduldig posiert der Modellathlet daher nach dem Rennen mit zahlreichen Triathleten, die "Selfies" mit ihm machen wollen. Viermal stand Raelert im Mekka dieses Sports, beim Ironman auf Hawaii, bereits auf dem Treppchen. 2010 und 2012 war er Zweiter, 2009 und 2011 Dritter. Nur zum ganz großen Wurf reichte es nie. "Das ist so ein Traum, das noch einmal zu schaffen", gibt der 38-Jährige zu. In 3:32,47 Stunden gewinnt Andreas Raelert die Mitteldistanz (2,0/80/20). Aber wichtiger noch: Die sorgsam getapete Achillessehne hält. Vor drei Wochen musste er wegen ihr ein Rennen aufgeben. Dass er nun in den Vierlanden startet, ist kein Zufall. "Ich wohne auf der anderen Elbseite, das ist auch meine Trainingsstrecke." Von den Verhältnissen bei der traditionsreichen Veranstaltung ist er ohnehin begeistert: "Das hier ist Werbung für den Triathlon-Sport."

Die könnte auch Familie Stangenberg aus Neu Wulmstorf machen. Vater Andreas (54 Jahre), Mutter Susanne (51) sowie die Söhne Daniel (20) und Marco (17) absolvieren gemeinsam die Jedermann-Strecke. Für die Mama ist es die Premiere. "Ich war aber überhaupt nicht aufgeregt", sagt sie cool. Der Jüngste ist der Flotteste: Marco Stangenberg landet in 1:06,11 Stunden auf Rang 18.

Eva Lutz wurde in 1:12,08 Stunden sogar Fünfte der Frauen-Wertung, doch statt sich darüber zu freuen, bebte die Hannoveranerin innerlich vor Wut. "Ich habe mich in der Wechselzone verirrt", ärgerte sie sich. Beim Wechsel vom Rad zum Laufen war es passiert. Sie hatte vergessen, dass es in der Wechselzone zwei Ausgänge gibt, war zum falschen gelaufen und musste durch die anschließende Ehrenrunde im Wechselbereich zwei Konkurrentinnen ziehen lassen. "Im Laktatnebel kann so etwas schon mal passieren", tröstete ein Streckenposten. Deswegen sagt man auch, dass der Triathlon eigentlich noch aus einer vierten Disziplin besteht: den Wechseln.