Wentorf
(vg).
Allerlei wunderliche Theorien kursieren in diesen Tagen rund um die Tennisanlage Roland Garros in Paris. Die ungewöhnlich schweren Bälle seien "völlig tot", klagte der beste Spieler aller Zeiten, Roger Federer. Ob die neue Ballsorte, die bei den French Open zum Einsatz kommt, vielleicht eine Erklärung dafür war, dass die Wentorferin Carina Witthöft gestern bei ihrem Zweitrundenmatch gegen die Italienerin Sara Errani nur 66 Prozent ihrer ersten Aufschläge ins Feld brachte? Zu wenig jedenfalls, um ihr gewohntes Powertennis aufziehen zu können. Zu wenig, um die Nummer 17 der Welt zu beeindrucken. Zu wenig, um eine Überraschung zu schaffen. Mit 3:6, 6:4, 2:6 musste sich Witthöft geschlagen geben und schied aus.

Es war eine Partie, in der das Aufschlagrecht nicht viel zählte. Sechs Breaks gab es allein im ersten Satz, zwei für Witthöft, vier für Errani, die den Durchgang folgerichtig mit 6:3 für sich entschied. Wann immer entscheidende Punkte anstanden, wurden die schweren Bälle für Witthöft noch ein wenig schwerer. Zwar erarbeitete sich die 56. der Weltrangliste zahllose Breakbälle, nutzte aber nur die wenigsten davon. Das fünfte Spiel im zweiten Satz war ein typisches Beispiel. Beim Stand von 3:1 für Errani ging es viermal über Einstand. Mehrfach konnte Witthöft ihre Chancen nicht nutzen. Schließlich gab sie das Spiel ab - 1:4.

"Okay, das Ding ist gelaufen", dürften sich die Zuschauer auf Platz Nummer drei gedacht haben. Doch dass die Partie so gut wie verloren war, wirkte offenbar befreiend auf die Wentorferin, die sich nach dem anschließenden Seitenwechsel wie verwandelt präsentierte. Zu Null gewann sie ihr Aufschlagspiel zum 2:4 und holte sich auch die nächsten vier Spiele zum 6:4-Satzgewinn. Plötzlich war alles wieder offen.

Und es ging so weiter: Im ersten Spiel des entscheidenden Satzes gleich wieder eine 40:0-Führung für Witthöft bei Aufschlag Errani, Break, 1:0. Doch dann kehrten sie zurück, die leichten Fehler. 40 solcher "unforced errors" unterliefen Witthöft in der gesamten Partie - eine Höllenzahl für eine Weltklassespielerin. So ging die Partie dahin - 2:6. Raus!

In eineinhalb Wochen, beim Topshelv-Turnier in Rosmalen (Niederlande), darf sich die Wentorferin nun auf zwei Dinge freuen: leichtere Bälle und Rasenplätze.