Von Matthäus Kosik

Bergedorf.
Welcher Fußballer kennt das nicht? Ein Ball liegt frei im Raum, zwei Spieler stürmen herbei, doch keiner nimmt sich der Kugel an. Beide verlassen sich auf den anderen. Getreu dem Motto: "Nimm du ihn, ich hab ihn sicher!" In anderen Sportarten wird versucht, solche Missverständnisse mit Hilfe des Playbooks zu vermeiden.

Beim Football werden darin Lauf- und Passwege, Defense- und Offense-Spielzüge niedergeschrieben. "Das sind bei uns so um die 100 Seiten", erzählt Axel Methling, Pressewart bei den Footballern der TSG Bergedorf. Darin finden sich dann beispielsweise grafische Darstellungen, die mit Hilfe von Kreisen, die die Spieler darstellen, und Strichen, welche die Laufrichtung anzeigen, als Anschauungsmaterial dienen. In der Theorie müssen alle Spieler alle Grafiken im Kopf haben. "Es ist aber viel wichtiger, dass man das System versteht", sagt Methling. Also die Grundidee des eigenen Spiels: "Man kriegt seinen Baukasten, mit dem man das Spiel meistern kann."

Ein Modell, das so auch beim Basketball funktioniert. Wie beim Football hält jeder Trainer seine Vorstellungen im Playbook fest. "Das ist ein langer Prozess. Es dauert mehrere Wochen, um die Spielzüge festzustellen", sagt Bernardo Velarde, der bis zur vergangenen Saison noch die TSG Bergedorf in der 2. Regionalliga coachte und nun Assistenztrainer bei der Hamburger Auswahl ist. Es gibt auch genügend Trainer, die zu jedem Spiel ein neues Playbook erstellen. "Es ist dann wie Schach, weil man immer darauf reagiert, was der andere anbietet", sagt Velarde.

Diese systematische Auseinandersetzung steckt im Fußball noch in den Kinderschuhen. "Aber", sagt Oliver Zapel, "je höher man kommt, desto stärker wird auf Playbooks gesetzt." Der ehemalige Kapitän des ASV Bergedorf 85 trainiert den Schleswig-Holstein-Ligisten SV Eichede und ist Verfechter von professionellen Trainingsmethoden. "Ich weiß gar nicht, wie es ohne gehen soll", sagt Zapel. Vor jedem Spiel erarbeitet der 47-Jährige einen Matchplan, in dem Spielzüge, Laufwege und eine detaillierte Analyse des Gegners enthalten sind. "Jeder bei uns weiß, dass das Spiel im Vorwege durchgespielt werden muss", sagt Zapel. "Viele Kollegen in der Regionalliga arbeiten ähnlich."

Stefan Kohfahl, ehemals Trainer beim Oststeinbeker SV, war einer der wenigen in der Oberliga, der mit einem Playbook gearbeitet hat. "Es ist mein eigener Anspruch. In der Oberliga braucht man das aber nicht", sagt Kohfahl. Jan Schönteich, Coach bei der TuS Dassendorf, hält diesen Aufwand auch für unangemessen. "Wir setzen auf Eigenverantwortung und Kreativität. Fußball ist eben ein ganz einfaches Spiel." Wobei, ganz auf einen Plan verzichtet er nicht: "Unser Matchplan ist es, Spiele zu gewinnen."