Lohbrügge (vg). Es wird dunkel in der Sporthalle am Binnenfeldredder in Lohbrügge. Dutzende von Lichtern tauchen die Dreifeldhalle in eine warme, vorweihnachtliche Stimmung.

Jugendliche jagen sich lachend spielerisch durch das Dunkel. Dazwischen ertönt die Stimme von Dietmar Lucas, dem Badminton-Abteilungsleiter des VfL Lohbrügge: "Knicklichter! Wer braucht noch Knicklichter?" Augenblicke später sind alle neonfarbenen Leuchten verteilt. Am Kuchenstand herrscht Hochbetrieb. Das Weihnachtstraining der Badminton-Gemeinschaft Bergedorf hat seinen stimmungsvollen Höhepunkt erreicht.

Mittendrin steht Alexander Richter und wirft einen prüfenden Blick auf seine Schleifchen. Für jedes gewonnene Doppel gibt es eines, drei Stück hat Richter an diesem Abend schon eingeheimst. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass sich der 33-Jährige nicht mit derselben Sicherheit durch die Halle bewegt wie alle anderen um ihn herum. Das hat seinen Grund: Seit seiner Geburt ist Richter halbseitig spastisch behindert, kann seine rechte Körperhälfte nicht kontrolliert einsetzen.

Dennoch ist er im Verein als Mitstreiter voll anerkannt, hat bereits so manchen Punkt für die BG bei Mannschafts-Wettbewerben gewonnen. "Ich habe schon mein ganzes Leben lang zusammen mit Gesunden Sport getrieben", betont er, "warum sollte ich auch zu Hause rumsitzen und rumheulen: ,Dies kann ich nicht, jenes kann ich nicht.'"

Weinerlichkeit ist nicht Richters Art. Auch seinen Alltag hat der 33-Jährige voll im Griff. Beim Autofahren hilft ein spezielles Lenkrad mit Knauf, das sich auch mit einer Hand drehen lässt, bei seiner Arbeit als Controller bei der Hapag-Lloyd eine spezielle Maus und Tastatur.

Seit zehn Jahren spielt er bereits Badminton, das ist den routinierten Schlägen anzusehen, die er über das Netz peitscht. Seit drei Jahren lebt Richter in Neuallermöhe, die BG Bergedorf ist dabei zu einem bestimmenden Element in seinem Leben geworden. Auch weil der Verein ein so unverkrampftes Verhältnis zu Menschen mit Behinderungen pflegt. "Wir hatten hier schon Beinamputierte, Menschen mit geistiger Behinderung, Rollstuhlfahrer", zählt Lucas auf, "wir bauen jeden ins Training ein, vom Anfänger bis zum Könner." Niemand würde hier auf die Idee kommen, in Richter nur aufgrund seines Handicaps etwas Besonderes zu sehen. Und genau das ist der Grund, warum er sich im Kreis der anderen Badminton-Spieler so wohl fühlt. Künftig übrigens auch in einer neuen Rolle: Richter hat gerade seinen Schiedsrichter-Schein bestanden.