Schwarzenbek. Wenn ein Kunde der Kfz-Zulassungsstelle des Kreises Herzogtum Lauenburg in Lanken Stefan Schwab sieht, bekommt der 22-Jährige immer häufiger die gleichen Sätze zu hören: “Mensch, sind Sie nicht der Leichtathlet?

Ich kenne sie doch aus dem Fernsehen." Noch stört sich der Schulendorfer 100-Meter-Sprinter nicht an dem gestiegenen Bekanntheitsgrad und erwidert die Anfragen stets mit einem freundlichen Lächeln. Bei seinen Freunden ist das schon etwas anders. "Das ist eh wieder nur die Presse. Du musst jetzt nicht ans Telefon gehen", sagte einer seiner Freunde bei einem Kinobesuch im vergangenen Sommer leicht genervt, als mal wieder das Handy des Athleten des TSV Schwarzenbek klingelte.

Die gestiegene Aufmerksamkeit der Medien ist das Resultat eines Jahres, in dem Schwab beinah kometenhaft am Sprinter-Himmel auftauchte. Deutscher Hallenmeister über 60 Meter. Halbfinale bei der Europameisterschaft in Turin. Als erster Deutscher die Norm für die Freiluft-WM im eigenen Land geknackt - Start in Berlin inklusive. Neue Bestzeiten drinnen (6,59 Sekunden) und draußen (10,19). Berichte in fast jeder überregionalen Zeitung, Auftritte im NDR-Sportclub und auf dem roten Sofa in der Sendung "DAS". Und, und, und.

Trotz allem ist Schwab bodenständig geblieben. Angebote von renommierten Leichtathletik-Klubs wie dem TV Wattenscheid und LAC Chemnitz schlug der Verwaltungsfachwirt aus. Er läuft auch 2010 für Schwarzenbek. Allerdings schraubt der 22-Jährige sein Arbeitspensum in der Zulassungsstelle von 41 auf 28 Stunden herunter. Die Freiräume will der bisherige Feierabend-Profi vor allem für Regeneration nutzen. Statt Autos zuzulassen, bekommt er dann Massagen und Physiotherapie.

Alles Bemühungen, um auch im kommenden Jahr wieder zur deutschen Sprinter-Elite zu gehören. "Ich will zur WM in Doha", umreißt er sein Ziel für die Hallensaison. Keine leichte Aufgabe. "Stefan muss sich im Klaren sein, dass er möglichst viel mit anderen Läufern seines Niveaus trainieren sollte", betont Bundestrainer Klaus Jakobs. Diese Möglichkeiten sind in Schwarzenbek nicht gegeben. Besonders für die Staffel ist dies ein Nachteil. "Er ist im Moment nur auf der ,Eins' (als Startläufer, die Red.) einsetzbar", sagt Jakobs. Noch kann Schwab dies mit seiner Explosivität aus den Startblöcken heraus kompensieren. Und: "Stefan ist noch jung. Wir geben ihm die Zeit, die er braucht", ergänzt Jakobs.

Dass nicht alles im Schnellverfahren geht, musste der Schulendorfer ausgerechnet beim Saisonhöhepunkt, der WM in Berlin, erkennen. Von einer Mandelentzündung und Muskelproblemen gehandicapt schied er mit indiskutablen 10,50 Sekunden im Vorlauf aus. "Im Nachhinein stellte sich heraus, dass ich Pfeiffersches Drüsenfieber hatte", sagt Schwab. Sonst würden ihn jetzt wohl noch mehr Menschen erkennen.