Hamburg/Fünfhausen. Als die sportliche Demütigung für die Fußballer des SC Vier- und Marschlande nach 94 schier unendlich erscheinenden Minuten endlich ein Ende hatte, fühlte Christian Zieglowski, dass er als Seelsorger gefragt war.

Direkt im Anschluss an das 0:5-Desaster seiner ehemaligen Kicker im dritten und entscheidenden Aufstiegsspiel zur Landesliga beim SC Sperber lief der Coach, der vor der Relegation vom Vereinsvorstand von seinen Aufgaben entbunden worden war, zu den Akteuren. Im Mittelkreis des Platzes am Heubergredder ereigneten sich nun bewegende Szenen. Der sichtlich traurige Zieglowski tröstete seine ehemaligen Schützlinge, von denen einige in seinen Armen Halt suchten. "Danke, es hat Spaß gemacht", flüsterte etwa Marco Mydlach dem 44-Jährigen ins Ohr, der im Team riesige Wertschätzung genießt. Der Traum vom Aufstieg erfüllte sich für Mydlach und Co. jedoch nicht: Der SCVM rutschte durch die Pleite auf Rang drei ab und besitzt nur theoretische Chancen für den Sprung in die Sechste Liga falls ein Team aus der Ober- oder der Landesliga zurückzieht.

Den hat der SC Sperber so gut wie sicher. Gelingt dem Hamburger SV II am Sonntag in der Regionalliga der Klassenerhalt oder steigt St. Pauli II in diese auf, ist die Rückkehr des SCS in die Landesliga perfekt. Verdient war der Erfolg für die Alsterdorfer allemal. Vor rund 300 Zuschauern gaben die "Raubvögel" von Beginn an in eindrucksvoller Manier den Ton an und zeigten dabei Tempo-Fußball, der bereits höheren Ansprüchen genügte. Dennoch hätte die Begegnung vielleicht einen anderen Ausgang genommen, wenn SCVM-Angreifer Marcel Ullrich in der 17. Minute nicht freistehend die Nerven versagt hätten. Dieser einen Chance für die Vier- und Marschländer standen zur Pause indes nicht weniger als fünf sehr gute Möglichkeiten für den SCS gegenüber. Doch erst Marco Heydorn konnte den Bann brechen. Gegen den Schuss aus kurzer Distanz war Interimstrainer Sven Lütten, der das SCVM-Gehäuse hütete, machtlos (40.).

Nach dem Seitenwechsel und dem raschen 2:0 durch einen Kopfball von Manuel Henkel (51.) besaßen die Gäste zwar durch Patrick Fritsch noch die Chance zum Anschluss (53.). Doch anschließend wurden die Vier- und Marschländer nach allen Regeln der Kunst vorgeführt. "Sperber war wie im Rausch", resümierte Abteilungsleiter Siegfried Niemann treffend.

Auf richtig Gegenwehr trafen die Schützlinge von Coach Knut Aßmann nicht mehr. Ivan Zoric, der zweimal aus kurzer Distanz traf (55., 63.), und Lennart Ekelund per Freistoß (77.) schraubten das Ergebnis auf 5:0 und machten so eine der schmerzhaftesten Pleiten des SCVM in den vergangenen Jahren perfekt.

"Wir haben uns eigentlich nur zwei Minuten gewehrt. Es hatte fast den Anschein, als ob einige mit dem Druck nicht zurecht gekommen sind", meinte Lütten. Der Interimscoach wird den Klub wie Peter Marks, Marco Mydlach, André Slodowy und Fritsch verlassen. Weitere Abgänge scheinen möglich, auch wenn Niemand versuchte zu beschwichtigen: "Der Kader für die kommende Serie steht. Wir haben die Zusagen von 23 Spielern." Diesem Statement steht freilich die Aussage von Slodowy entgegen, der lapidar meinte: "Hier hauen alle ab."

SCVM: Lütten; Füllenbach (90.+1 Jacobsen), Rüdian, Oltmann; Marks, Kosik, Mydlach, D. Herzberg (46. Fritsch), K. Herzberg; Wiegratz (68. Oehlschläger), Ullrich.