Bergedorf. Als die Besten des Frauen-Mehrkampfs bei der Weltmeisterschaft im Rhönradturnen im schweizerischen Baar zur Siegerehrung gebeten wurden, herrschte großes Rätselraten. Wer hatte gewonnen?

Da die Athletinnen ihre Übungen in der nagelneuen Waldmannhalle parallel zueinander absolviert hatten, besaßen nur die Kampfrichter den Durchblick, was die endgültige Platzierung betraf. Svenja Trepte (TSG Bergedorf), die zum ersten Mal bei einer Weltmeisterschaft dabei war, wusste, dass ihre Übungen gut gelaufen war, aber sie galt nur als Außenseiterin. Ungläubig verfolgte sie, wie eine Athletin nach der anderen aufgerufen wurde, bis nur noch sie selbst - die Siegerin - übrig war. "Damit hätte ich nie gerechnet", sagte die 20-Jährige. Als bei der Siegerehrung dann die deutsche Nationalhymne für sie gespielt wurde, war Trepte zu Tränen gerührt.

Nur zwei Zehntel Punkte gaben am Ende den Ausschlag für Trepte (25,65 Punkte) gegenüber der Top-Favoritin Julia Pohling (SV Neuhof, 25,45), die Silber holte. "0,2 Punkte, das ist kaum mehr als ein nicht ganz korrekt gestreckter Fuß", beschreibt Henning Henningsen, Sprecher des Technischen Komitees Rhönradturnen, die Unterschiede zwischen den beiden Besten der Welt. Kathrin Schad (TG Seitingen-Oberflacht) komplettierte als Dritte den deutschen Dreifach-Erfolg.

Der Mehrkampf im Rhönradturnen setzt sich aus drei Einzel-Disziplinen zusammen, dem Geradeturnen, dem Spiraleturnen und dem Sprung. Das Geradeturnen ist eine Kür zu Musik. Die Athletinnen setzen dabei mit Elementen aus dem Reck- und Barrenturnen Akzente, die den Schwierigkeitsgrad der Übung ausmachen. Trepte und Pohling erreichten jeweils 9,15 von zehn möglichen Punkten und lagen damit zunächst gemeinsam auf Rang drei hinter Jenny Hoffmann (KSC Strausberg, 9,40) und Anika Borm (SG Heisingen, 9,30).

Beim Spirale-Turnen spielte Pohling, die Mehrkampf-Weltmeisterin des Jahres 2001, ihre Stärken aus. Mit 8,60 Punkten überholte sie Borm (8,20) und zog mit Hoffmann (8,35) gleich. "Beim Spiraleturnen kommt es auf Kraft und die richtige Technik an", erläutert Henningsen. Wie eine gedrehte Münze tellert dabei das Rhönrad auf einem Reifen. In sauberen Kreisen müssen die Aktiven tief hinunter und sich anschließend wieder in die Senkrechte hochstemmen. Trepte erzielte 8,45 Punkte - Platz drei.

Beim abschließenden Sprung zeigte die niederländische Sprung-Weltmeisterin Kirstin Heerdink (9,10) die beste Leistung, doch sie lag in der Gesamtwertung zu weit zurück, um noch in den Kampf um die Medaillen eingreifen zu können. Pohling erturnte sich mit einer 7,70 die alleinige Spitze, dann kam Trepte. Die Bergedorferin wählte mit einem eineinhalbfachen Salto mit halber Schraube vom rollenden Rad herunter eine Höchstschwierigkeit, die ihr gut gelang. Mit 8,05 Punkten zog sie doch noch an Pohlmann vorbei und wurde Weltmeisterin.

Heute kämpft sie nun noch im Sprung-Finale um eine weitere Medaille.