Geesthacht. Wenn Katharina Holert nicht in der Schule ist, kann sich die 15-jährige Geesthachterin auf ihre Freundin Franziska Fick verlassen. Sie schreibt den durchgenommenen Stoff mit, notiert die Hausaufgaben und bringt Unterlagen in doppelter Ausführung nach Hause. Dass Katharinas Platz im Klassenzimmer am Otto-Hahn-Gymnasium verwaist bleibt, kommt nicht selten vor.

Aktuell wird die Spielerin des TC Rot-Weiß Wahlstedt in der Juniorenweltrangliste auf Platz 309 geführt. In Deutschland ist das Nachwuchstalent bei den Frauen die Nummer 95.

Die Fehlzeiten der Zehntklässlerin zählt man besser in Wochen denn in Tagen. Denn während ihre Mitschüler die Schulbank drücken, steht der Teenager auf dem Tennisplatz. Im kommenden Sommer, wenn sie die Mittlere Reife in der Tasche hat, stellt sie ihren Ranzen endgültig in die Ecke und wechselt ganz in den Tennis-Zirkus: Dann ist Katharina von Beruf Tennis-Profi.

Bereits jetzt steht die 15-Jährige mindestens fünfmal in der Woche auf dem Platz und tourt an Wochenenden von Turnier zu Turnier - rund 20 waren es 2008. Ihre Nächte verbringt sie in Hotels irgendwo in Deutschland oder ganz Europa. "Ich liebe es zu reisen. Heimweh habe ich nie", sagt sie mit einem breiten Grinsen.

Aktuell wird die 15-Jährige, die für den TC Rot-Weiß Wahlstedt in der 2. Bundesliga spielt, auf Platz 309 der Juniorenweltrangliste (bis 18 Jahre) geführt. Im Januar - dann fällt der Jahrgang 1990 aus der Wertung - verbessert sie sich automatisch etwa auf Rang 260. In Deutschland liegt Katharina schon heute bei den Erwachsenen auf Position 95. "Jetzt müssen die Umfänge größer werden. Sie muss zweimal täglich trainieren", sagt Trainer Mirko Schütte und Vater Thomas Holert ergänzt: "Von ihren Konkurrentinnen auf der Welt geht fast niemand mehr zur Schule, die setzen früh alles auf eine Karte."

Bei Katharina sei es anders, betont Schütte. Der Coach mit A-Lizenz des Deutschen Tennis-Bundes muss es wissen. Sein früherer Schützling Julia Görges (20) ist derzeit die Nummer 108 der Welt. "Katharina ist weiter, als Julia es mit 15 war. Wenn Katharina es nicht als Profi probiert, wer dann? Ich glaube fest daran, dass sie es schafft", sagt er.

Länger ausschlafen kann die Geesthachterin aber auch ohne Schule nicht unbedingt. Bei einem Turnier in Dänemark stand sie so früh zum Training in der Halle, da lagen die Konkurrentinnen, die dort im Schlafsack übernachteten, noch in den tiefsten Träumen. Vor dem Erfolg steht zunächst einmal harte Arbeit. "Ich will in die Top 100 der WTA-Weltrangliste und Grand-Slam-Turniere spielen", umreißt Katharina ihre Ziele.

Zunächst einmal wird sie aber ab Sommer verstärkt auf sogenannten 10 000-Dollar-Turnieren der ITF-Damenserie spielen, um langsam Weltranglistenpunkte zu sammeln. Erst etwa ab Rang 150 bei den Damen rechnet sich der finanzielle Aufwand. Auf mindestens 30 000 Euro pro Jahr belaufen sich die Kosten - je nachdem, wo die Wettkämpfe steigen. "Ab Platz 100 kann man schon vernünftig davon leben", sagt Thomas Holert.

Katharina, die frei von der unangenehmen Angewohnheit ist, bei jedem Schlag zu stöhnen - sie verzieht nur den rechten Mundwinkel, will es erst mal vier Jahre als Profi probieren. Doch bis es soweit ist, stehen bis zum Sommer noch Trigonometrie und die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg auf ihrem Stundenplan.

"Wenn Katharina es nicht als Profi probiert, wer dann? Ich glaube fest daran, dass sie es schafft."

Mirko Schütte, Katharinas Trainer