Lohbrügge. Sie wollen sich nicht damit abfinden: Weiterhin rührt sich großer Protest gegen die von der Bergedorfer Verwaltung im Mai 2022 entlang des Reinbeker Redders gesetzten Findlinge. Die etwa 100 Massivsteine verhindern seitdem zwischen den Hausnummern 40 bis 108 wildes Parken, denn dies schädige laut Verwaltung die Straßenbäume und deren Wurzeln. Nun sind nicht nur die überwiegend ältere Anwohner des Reinbeker Redders auf der Zinne. In den Protest schalten sich auch diejenigen ein, die dort zu Besuch kommen möchten.
Dazu gehört zum Beispiel Renate Bower. Die 77-Jährige wohnt am Ruselerweg, pflegt aber einen guten Kontakt zum Ehepaar Hensel, das so etwas wie Sprecher der Anti-Findlinge-Bewegung vom Reinbeker Redder ist. Sie traf sich mit weiteren Freunden etwa zum Kartenspiel im Haus der Hensels – bis die Findlinge die inoffiziellen Parkplätze besetzten.
Besucher empört: „Hier werden ein paar Bäume höher gestellt als ältere Menschen“
Das erschwere Besuche enorm, mache sie fast unmöglich, meint Bower. Denn einige aus dem Freundeskreis sind auf Rollatoren angewiesen. Da sind weitere Fußwege schon schwer, so wie sie Verwaltungsdezernent Ulf von Krenski als Alternativen vorschlägt. Er antwortete Bower in einem Schreiben, dass die Herrschaften doch am Boberger Drift, Rudorffweg oder Osterrade Stellfläche suchen könnten und die letzten Meter dann gehen müssten.
Eine der Korrespondenzen mit dem Bezirksamt, welche die Findlings-Gegner massiv ärgert. Davon gab es jüngst einige. Mitarbeiter der Verwaltung sollen in diesem Zuge sogar als „altenfeindlich“ beschimpft worden sein.
Renate Bower (sitzt für die CDU im Verkehrsausschuss) wählt ebenfalls drastische Worte über die zuvor gegenüber den Anwohnern nicht angekündigte Steinverlegung: „Wir haben das Gefühl, hier werden ein paar Bäume höher gestellt als ältere Menschen.“ Dies sei aus ihrer Sicht ein Beispiel dafür, „wie man ältere Leute abfertigt“, sie „diskriminiert“ und „ausgrenzt“ – und dies nach den Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie, die speziell die ältere Gesellschaft habe vereinsamen lassen. Renate Bower: „Wir versuchen noch aktiv zu bleiben, benötigen für gegenseitige Besuche aber das Auto und somit auch einen Parkplatz.“
Alternativplätze in den Seitenstraßen des Reinbeker Redders bereits überlastet
Die Protestler haben mehrfach verschiedene Stellen im Bezirksamt angeschrieben, unter anderem eine Unterschriftenliste mit 20 Namen plus Altersangaben beigelegt. Gisela Hensel nutzte zuletzt die Bürgersprechstunde vor der Bezirksversammlung für das Anliegen, sie und ihr Mann Hans-Joachim trafen sich auch zum Ortstermin mit Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann und Vertretern der Tiefbauabteilung. Gebracht hat es im Sinne der Anlieger nichts.
Vorschläge wie der von Ulf von Krenski erzürnen die andere Seite eher. Da die Parkplätze an Osterrade und anderen Straßen in der Umgebung auch stark nachgefragt sind, erachtet Renate Bower diese Antwort als „Frechheit“. Das zeige doch nur, dass sich der Verwaltungsmann zuvor nicht informiert habe.
Bezirksamt will keine neuen Schlaglochpisten schaffen
Das Bezirksamt setzte am 13. Mai 2022 die Findlingen nicht nur aus Gründen des Naturschutzes. Sie reagierte auch auf Anwohnerbeschwerden über das unerlaubte Parken und in Abstimmung mit der Bergedorfer Polizei, der die Parkproblematik ebenfalls bekannt war. „Dieses wilde Parken haben wir an anderen Stellen in Bergedorf viel zu oft“, meint Wolfgang Charles, Leiter des Fachamts Management des öffentlichen Raums des Bezirks. Charles macht eine klare Ansage: „Wir werden die Findlinge nicht wieder wegnehmen.“
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Dafür könnte ein kleiner Kompromiss kommen: Die Straßenplanung prüft derzeit, ob wir einige reguläre Parkplätze im besagten Bereich des Reinbeker Redders schaffen können.“ Das sollen laut Charles nicht wirklich viele sein. Keinesfalls werden dies jedoch mit Grant aufgefüllte Stellflächen werden, so wie es sich beispielsweise das Ehepaar Hensel mit dem sogenannten „Promenadengrand“ gut vorstellen könnte.
Wenn Pkw dort draufstehen und dann wieder wegfahren würden, gerate der Untergrund in Bewegung. Falls es dann noch regnen sollte, wäre das Ergebnis wie folgt: „Dann hätten wir am Ende eine Schlaglochpiste. Diese Variante ist für den parkenden Verkehr nicht geeignet“, so Charles.
Werden demnächst noch mehr Findlinge in Bergedorf gesetzt?
Bislang hatten die Anwohner des Reinbeker Redders vor allem auch auf Sicherheitsaspekte bezüglich der Findlinge hingewiesen, von einer „hohen Gefahrenquelle“ gesprochen, weil Lieferfahrzeuge, Post, Taxis und weitere Kurzparker nun notgedrungen auf Geh- und Radweg ausweichen müssten. Dieser werde aber auch von Kindern als Schulweg benutzt, wodurch nun Unfallpotenzial geschaffen worden sei.
Gisela Hensel fürchtet, dass die Maßnahme am Reinbeker Redder nur der Auftakt sein könnte, um nicht offiziellen Parkraum wegzunehmen. Dasselbe Szenario könnte ihrer Meinung nach beispielsweise für die Straße Am Langberg drohen. Zur Einrichtung von sehr wenigen Parkplätzen vor ihrer Haustür, was derzeit geprüft werde, meint die 79-Jährige: „Wir wollen ja nicht gleich überall Parkplätze haben, aber immer mal zwei zusammenhängende an bestimmten Stellen des Reinbeker Redders. Wo es sich eben anbietet.“
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