Lohbrügge. Chorleiter Oliver Ehmsen singt mit 40 Kindern am 3. Oktober beim Bürgerfest in Hamburg. Die Proben verlangen Fingerspitzengefühl.

Die Aufregung wird größer. 40 Stimmen wollen erklingen. Demnächst haben sie ihren großen Auftritt in der Hamburger Innenstadt beim Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit. Damit das ein Ereignis sondergleichen wird, steht insbesondere er im Fokus, gerade jetzt bei der Generalprobe: Oliver Ehmsen, Leiter des Bergedorfer Kinderchors, bereitet seine Kinder auf das Gesangsevent an der Europa Passage vor.

Dabei muss der 44-Jährige nicht nur ein möglichst stimmiges Gesamtbild erzeugen, sondern auch die unterschiedlichen Neigungen von Grundschülern und Älteren unter einen Hut bringen. Klar, es ist eine Kindergruppe. Fast nur Mädchen, gerade mal fünf Jungs kommen zu den wöchentlichen Chorproben im Lola-Saal zusammen. Was übrigens gern mehr werden darf, denn „im Chor zu singen, ist eigentlich auch für Jungs total cool“, findet Ehmsen. Aber das ist nicht das Wesentliche im Choralltag: „Während die jüngeren Kinder, also die Sechs-, Siebenjährigen, eher Bewegungs- und Kinderlieder singen möchten, wollen die Älteren aktuellere Poptitel wie zum Beispiel ,Chöre‘ von Marc Forster singen.“ Schwierig für Oli Ehmsen, das unter einen Hut zu bringen. Oder doch nicht?

Bergedorfer Kinderchor: Gesangstraining in Alters- und der Gesamtgruppe

Der Musiklehrer für Grund- und Berufsschule hat eine spezielle Methodik entwickelt, wie er beiden gerecht werden kann – ohne dabei den Sinn der Chorproben und die direkte Vorbereitung auf den prestigeträchtigen Auftritt am 3. Oktober zu vernachlässigen. Ehmsen hat die 90 Minuten Übungszeit gedrittelt: Die ersten 30 Minuten gehören den Jüngsten, dann folgt die nächste halbe Stunde mit der gesamten Gruppe, das Abschlussdrittel absolvieren dann ausschließlich die älteren Chormitglieder, also derzeit die Elfjährigen. Und es funktioniert trotz des langen Schultags zuvor: „Was wir singen, soll ja auch der Erfahrungswelt der Kinder entsprechen“, gibt Chorleiter Ehmsen das Motto vor. Es gibt sogar eine eigene Komposition von ihm mit „Wir Kinder haben Rechte“, die über alle Altersstufen hinweg gern geschmettert wird.

Auftritte wie der kommende seien doch die „Motivation“ überhaupt, meint Ehmsen, aber die wichtigste Komponente beim Bergedorfer Kinderchor ist und bleibt der „Spaßfaktor“. Dementsprechend sei auch jeder, der Spaß am Singen hat, willkommen – keine Furcht, es muss ja nicht gleich der große Solopart sein. Gemeinsam wurde für die Einheits-Einlage ein spezielles Programm einstudiert. Auch der Urvater des Kindersongs, Rolf Zuckowski, wird dabei mit „Deutschland, deine Kinder“ nicht fehlen, wie auch eine textlich leicht veränderte Version der „Europahymne“ von Schiller, die dann „Viele Länder, viele Kinder“ heißen wird. Wer den Auftritt des Bergedorfer Kinderchors nicht verpassen möchte, sollte am Passageneingang an der Ecke Bergstraße um 14 Uhr eintrudeln.

Es wurden zu viele: Wechsel vom Kiku in die Lola

Familienvater Ehmsen, der in Reinbek geboren wurde, in Hamburg-Rahlstedt arbeitet und mit Frau und Sohn mittlerweile in Ahrensburg wohnt, hatte es nach der Corona-Zwangspause einfach gejuckt, wieder einen Chor zu leiten. Als dann im April 2022 die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie beendet waren, wollte das Kinderkulturhaus Kiku einen neuen Kinderchor ins Leben rufen und suchte einen erfahrenen Kindermusiker – wer käme da besser infrage als jemand mit Oliver Ehmsens Diskografie?

Oliver Ehmsen in seinem Element: Der 44-Jährige singt jeden Dienstag mit 40 Kindern im Saal des Lola Kulturzentrums.   
Oliver Ehmsen in seinem Element: Der 44-Jährige singt jeden Dienstag mit 40 Kindern im Saal des Lola Kulturzentrums.    © BGDZ | Jan Schubert

Der Mann hat nämlich 150 Kindermusikstücke selbst komponiert, CDs herausgebracht, in Fachzeitschriften publiziert und mittlerweile auch zwei Liederbücher veröffentlicht. Insofern ist die Besetzung mit ihm als Leiter des Bergedorfer Kinderchors nur folgerichtig. Los ging es mal mit 15 bis 17 Kindern, mittlerweile hat sich die Anzahl mehr als verdoppelt, sodass auch der ursprüngliche Proberaum im Kiku zu eng wurde. Der Kinderchor ist so glücklich, nach Ende der Sommerferien in den Lola-Saal herübergewechselt zu sein. Bei den dortigen Gegebenheiten und der Unterstützung von Susette Schreiter aus der Lola-Geschäftsführung falle die Konzentration auf das Inhaltliche, also das Singen, umso leichter.

Fernziel ist das 3. Bergedorfer Chorfestival im Körberhaus

Was nach dem 3. Oktober folgt, ist momentan in der Schwebe – aber in jedem Fall hat der Bergedorfer Kinderchor unter der Ägide von Oliver Ehmsen ein Fernziel: das 3. Bergedorfer Chorfestival vom 3. bis 5. Mai 2024 im Körberhaus. „Eine tolle Sache, da wollen wir auf jeden Fall dabei sein“, weiß Ehmsen schon jetzt und fiebert wie seine Kids der Teilnahme bei einem von drei Gemeinschaftssingen entgegen. Bis dahin werden auf jeden Fall viele neue Stücke einstudiert.

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Stimmliches Talent oder einfach nur Spaß am Singen: Der Bergedorfer Kinderchor freut sich über alle Neuzugänge (vor allem Jungs) immer dienstags zur Probe um 16.15 Uhr im Lola Kulturzentrum (Lohbrügger Landstraße 8). Hinkommen, reinschnuppern, mitsingen – gleich mal mit der extra komponierten Begrüßungshymne „Hey. Hallo, Willkommen hier!“ Weitere Infos zur Anmeldung telefonisch unter 040/7247735.