Show mit Jörg Pilawa

Bleibt der Bergedorfer Talent Day nur eine Eintagsfliege?

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Jan Schubert
Zwei Teilnehmer der ersten Ausgabe, Alexandra Krimmel und Tom Wiedemann, wünschen sich, dass der Schulwettstreit weitergeht. Doch es fehlt offenbar an Engagement. 

Zwei Teilnehmer der ersten Ausgabe, Alexandra Krimmel und Tom Wiedemann, wünschen sich, dass der Schulwettstreit weitergeht. Doch es fehlt offenbar an Engagement. 

Foto: Jan Schubert / BGDZ

Nach der Premierenshow im Juni 2022 mit Jörg Pilawa als Moderator gibt es Zweifel an einer Fortsetzung. Was Schüler dazu sagen.

Bergedorf.  Das war ein Gänsehautmoment an jenem 29. Juni 2022 im damaligen Theater Haus im Park: Da greift sich nach Anmoderation von TV-Showmaster Jörg Pilawa ein 15-jähriges Mädchen im roten Abendkleid das Mikrofon und legt vor 469 Gebannten im Saal einen denkwürdigen Auftritt hin. Alexandra Krimmel, Neuntklässlerin aus der Stadtteilschule Lohbrügge, intoniert mit „No time to die“ von Billie Eilish den Titelsong des gleichnamigen James-Bond-Films. Alexandras Auftritt ließ auch Schulsenator Ties Rabe (SPD) unter den Gästen nicht kalt, der sich gegenüber der 15-Jährigen als großer Fan outete.

Einer dieser nachhallenden Momente des „1. Bergedorfer Talent Day“ (BTD), dem Wettstreit um das größte Talent der Schulen im Bezirk Bergedorf. Wo auch der (Jury-)Sieger des Abends begeisterte. Mehr durch Zufall entdeckte Tom Wiedemann (17) seine Gabe, mit selbst verfasster politischer Poetry die Leute zu unterhalten. Eigentlich wollte der Luisen-Gymnasiast singen, merkte aber bei den Proben für den BTD, „dass ich vor Publikum labbern kann“. Wie dann auch eindrucksvoll im Finale.

Bergedorfer Talent Day soll keine Eintagsfliege bleiben – wer packt an?

Könnte aber sein, dass das Projekt zur Begabtenförderung des Netzwerks der Bergedorfer Schulen und des Vereins BaBSI (Begabungsförderung an Bergedorfer Schulen & Institutionen) eine einmalige Sache bleibt. Anzeichen dafür sind, dass es in Bergedorfs weiterführenden Schulen im laufenden Schuljahr bisher keine Wahlen für Bühnentalente oder Talente-Workshops für die Organisation des Events gab, zudem kein Termin, kein Spielort und auch sonstige Planungen für den BTD 2023 feststehen.

Macherin Vanessa Overmann – ehemals Lehrerin und Fachkraft für Begabtenförderung am Gymnasium Bornbrook – hatte vier Jahre am Gesamtkonzept geschraubt. Sie möchte jetzt, dass sich das in der Bergedorfer Schullandschaft verselbstständigt. Schließlich hatte das Ganze doch Vorreitercharakter für die gesamte Stadt und ist so anders als TV-Casting-Formate. Der Ansatz: Stärken hervorheben, eventuelle Defizite zulassen. Das Ziel: Talente an den Schulen sichtbar machen und fördern.

Zu viel Aufwand, aber viele schöne Zahlen bei der Premiere

Trotz zahlreicher Schulterklopfer mussten sich die Projekt- und Lebenspartner Overmann und Kevin Hintz (Marketing) auch Kritik anhören. Corona und die Sorge vor zu viel Aufwand und Mehrarbeit bei einer derart großen und professionellen Umsetzung sorgten dafür, dass die Talentbeauftragten der Bergedorfer Schulen bis kurz vor dem Finale an dem Erfolg zweifelten.

Der Kreisschülerrat bemängelt, dass viele Mitschüler gar nicht über das Projekt von den Schulen informiert worden seien. Das wäre „sehr schade“, hatten sie diese Idee doch selbst vorangebracht und wünschen sich eine Wiederholung. Aus Sicht von Vanessa Overmann hat die Kooperation aber gezeigt, was möglich ist: „Wenn BaBSI e.V. weiter besteht, braucht es Unterstützung aus mehreren Bereichen. Sponsoren, Schulen, Fachkräfte und der Verein müssen alle an einem Strang ziehen.“

BTD: Theater im Park war 2022 voll besetzt

Während Schulen und dortige Fachkräfte werben und ein Bühnentalent auswählen sollten, kümmerte sich BaBSI e. V. um alle Aufgaben, die über die Expertise der Schulen hinausgingen. Sven Kuvecke, 1. Vorsitzender des Vereins, sieht das große Potenzial des Projekts: „Wenn die Kooperation zwischen und die Kommunikation an den Schulen funktionieren, dann bekommt auch ein Public Viewing seine Berechtigung. Der BTD kann sich zum einzigartigen Event von und für Bergedorf entwickeln.“

Die Zahlen aus dem Vorjahr sprechen eine klare Sprache. Das Theater im Park war voll besetzt, den Livestream bei Hamburg1 verfolgten 160.000 Menschen, 5000 Personen stimmten beim Zuschauer-Voting ab – und auch das Public Viewing auf der Schlosswiese war mit 2000 Besuchern ordentlich besucht. Fürsprecher gibt es auch genug: Alle Parteien der Bergedorfer Bezirksversammlung sind für eine Fortsetzung. Die Körber-Stiftung wäre willens, den Abend im Körberhaus auszurichten. Die Buhck-Stiftung soll ebenfalls unterstützende Signale ausgesandt haben. Pilawa, Moderator der Premiere, lobte das Format und bemerkte, dass es bedauerlich sei, dass „die Bergedorfer Schulen das Event nicht noch größer gemacht haben“.

Die große Möglichkeit, auf einer großen Bühne aufzutreten

„Es wäre schon schade, wenn der Bergedorf Talent Day verschwindet“, sagt Alexandra Krimmel. Dass dieser Tag nichts bewirkt hätte, können weder sie noch Tom Wiedemann behaupten. Er habe Identifikation mit der eigenen Schule erzeugt. Und: „Es ist eine Super-Möglichkeit auf großer Bühne aufzutreten“, sagt der 17-Jährige, der auch die „Vielfalt an künstlerischen Disziplinen“ in positiver Erinnerung behalten hat.

Der BTD öffnete Türen: Der Poetry Slammer unterhielt beispielsweise auf der NDR-Bühne beim Bergedorfer Stadtfest kurzweilig die Leute, ebenso mit einem launigen Programm bei der Preisverleihung der Klimaschulen. Sängerin Alexandra Krimmel brillierte unter anderem bei der Eröffnung des Lichtwarktheaters im Körberhaus an der Seite von Gitte Haenning.

Doch all diese positiven Erfahrungen und Gänsehautmomente können nur dann fortgeschrieben werden, wenn der Bergedorf Talent Day keine Eintagsfliege bleibt. Dafür müssten sich wohl Befürworter und Zweifler zeitnah zusammensetzen.

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