Lohbrügge. Info-Abend der Protestgruppe lockt über 20 Gäste ins Stadtteilkulturzentrum Lola. Referenten geben Einblicke in die Organisation.

Die Klima-Protestler der „Letzten Generation“ haben in Bergedorf einige Aktive dazugewonnen: Mehr als 20 Gäste kamen am Donnerstag zum Info-Abend, zu dem die Gruppe ins Stadtteilkulturzentrum Lola an die Lohbrügger Landstraße eingeladen hatte. Rund ein Viertel von ihnen füllte nach den zwei Stunden mit Vorträgen und teils kristischer Diskussion einen der Kontaktbögen aus, die vom Team um die Moderatoren Johanna Lexa und Matthias Kranz verteilt wurden.

Die Rechtsanwältin aus Altona, Mutter einer kleinen Tochter, und der 43-jährige Hamburger Musik-Manager leiteten den Abend ein mit teils emotionalen Vorträgen über den Zustand unseres Klimas. Tenor: Nur bis Ende dieses Jahrzehnts hat die Menschheit noch eine Chance zu verhindern, dass die längst spürbare Klimakrise zu einer unumkehrbaren Klimakatastrophe wird, die zumindest menschliches Leben auf der Erde absehbar unmöglich macht.

Klimawandel: „Letzte Generation“ informiert in der Lola über ihren Protest

„Es ist, als ob wir gerade dabei sind, unsere Kinder in einen Schulbus zu setzen, mit dem sie zu 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit tödlich verunglücken werden“, zitierte Johanna Lexa den Chef des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber.

Während sie sich als Rechtsanwältin eher im Hintergrund der Protestbewegung engagiert, etwa in der Beratung der jetzt vielfach vor Gericht stehenden „Klima-Kleber“, berichtete Matthias Kranz von Einsätzen „auf der Straße“, wo er zuletzt auch auf dem Glockengießerwall dabei war: „Das sind sehr intensive Erfahrungen. Man sitzt auf dem Asphalt, wird vielleicht angepöbelt und am Ende von der Polizei weggetragen.“

Um das auszuhalten, bieten die Aktivisten neuen Mitstreitern mittlerweile auch ein Protesttraining an. Laut Johanna Lexa geht es dabei vor allem darum, wie man „sicher, gewaltfrei und friedlich demonstriert und auch mit Anpöbeleien professionell umgeht. Aber natürlich dreht es sich bei diesem Training auch um die gesundheitlichen wie rechtlichen Risiken unserer Protestformen“.

Klima stehe vor Kipppunkten, nach denen es kein Zurück mehr gebe

Dass sich dieser persönliche Einsatz lohnt, steht für Matthias Kranz außer Frage: „Wir stehen kurz vor mehreren Kipppunkten des Klimas, nach denen es kein Zurück zur Normalität mehr geben wird. Wenn wir jetzt nicht aufhören, fossile Energie zu verbrauchen, wird zum Beispiel der Permafrostboden in Sibirien und Kanada so weit aufgetaut sein, dass sich dieser Prozess unumkehrbar selbst verstärkt. Damit gelangen unvorstellbare Mengen des Klimakillers Methan in die Atmosphäre.“

Der einzige Weg erfolgreich dagegenzuhalten, führt für die Aktiven der „Letzten Generation“ über den sogenannten zivilen Ungehorsam. In ihrem Fall sind das die bekannten Straßenblockaden, um „Druck von unten“ auf die Politiker zu erzeugen, aber auch jeden einzelnen Bürger zum Nachdenken über seinen Beitrag zum Klimaschutz zu bewegen.

Wie aber aus permanenten Blockaden und Störungen – als nächstes für den 19. April in Berlin angekündigt – eine große Bereitschaft zu einem gesellschaftlichen Handeln für mehr Klimaschutz werden kann, blieb beim Lohbrügger Info-Abend weitgehend offen.

Gesellschaftsrat mit zugelosten Bürger soll Gesetzesvorlagen initiieren

Tatsächlich klingen die konkreten Forderungen der „Letzten Generation“ nämlich eher banal: Es geht ihnen um die Neuauflage des 9-Euro-Tickets und ein generelles Tempo-Limit von 100 km/h auch auf Autobahnen. Darüber hinaus reicht lediglich die dritte Forderung, nämlich einen sogenannten Gesellschaftsrat einzuführen. Dieses Gremium soll mit zugelosten Bürgern bestückt und von der Regierung eingerichtet werden. Die muss sich dann verpflichten, die Empfehlungen des Gesellschaftsrates als Gesetzesvorlagen in den Bundestag einzubringen und für deren Absegnung im Parlament zu werben.

Wer mit der „Letzten Generation“ dafür kämpfen will, hat in der Lola einen der Kontaktbögen mit seinem Namen, Telefon und E-Mail ausgefüllt. Auf diesem Blatt, das jetzt bei diversen Info-Abenden in ganz Deutschland verteilt wird, kann angekreuzt werden: Ist man direkt zum Protest auf der Straße bereit oder soll es doch eher um Unterstützung im Hintergrund gehen – oder werden erst einmal mehr Informationen benötigt? Zudem geht es um die Anmeldung zum Protesttraining, den Einstieg in eine der Arbeitsgruppen der Klimaschützer und weitere Anliegen. Dazu gehört auch ein Kästchen, bei dem der Wunsch nach finanzieller Unterstützung geäußert werden kann, sollte man bei zur „Letzten Generation“ dazustoßen.