Bergdorf. Redaktion der Schülerzeitung aus den 60er-Jahren übergibt ihre Sammlung ans Schularchiv. Gedruckt wurde an ungewöhnlichen Orten.

Sie waren der Schulleitung nicht geheuer – und wurden vor die Tür gesetzt: Die Redaktion der Mittelstufenzeitung „Joke“ vom Hansa-Gymnasium hat harte Zeiten durchgemacht, damals in den 1960er-Jahren. Alle vier Wochen erschien das acht Seiten dünne Blättchen zum Stückpreis von 20 Pfennig und machte vor allem seinem Namen alle Ehre. Es ging vor allem darum, die prüde Gesellschaft der Nachkriegszeit auf die Schippe zu nehmen. Und vor allem die Lehrer, indem „Agenten“ im Unterricht akribisch die Sprüche der Pädagogen notierten.

Was heute zu jeder guten Schülerzeitung gehört, genügte Hansa-Direktor Joachim Jesse damals, um den Fünft- bis Achtklässlern den Verkauf ihrer selbstgedruckten Zeitung auf den Schulgelände zu untersagen. Auch Kollege Dr. Specht von der Luisenschule, heute Luisen-Gymnasium, stimmte mit ein. Weil bei „Joke“ kein Lehrer die Aufsicht über die Redaktionssitzungen hatte, verbot auch er den Verkauf in seiner Schule. Dabei legte das Redaktionsteam vom Hansa, damals eine reine Jungenschule, doch ganz nebenbei großen Wert darauf, am Mädchen-Gymnasium Lui mit seinem Werk Eindruck zu machen.

Exemplare der Schülerzeitung mussten vor dem Schultor verkauft werden

Vom 1963 bis 1967 erschien der „Joke“ trotz der heftigen Gegenwehr der Rektoren, verkaufte die Exemplare dann eben draußen vor den Toren beider Schulen. Oder im Abo an manchen Förderer aus dem Kreis der Eltern und Großeltern. Um Ideen war die Redaktion um die Chefredakteure Rainer Ewe, Klaus Bierkarre und Claus Rethorn nie verlegen. Das gilt auch für Herausgeber Klaus Gärtner, der später selbst Lehrer wurde, nach der 9. Klasse aber vom Hansa geflogen war.

„Auch danach habe ich als ,Joke’-Verleger weitergemacht, was den Rektoren besonders suspekt war“, erinnerte er sich jetzt an seiner damaligen Wirkungsstätte als Verleger. Zusammen mit den alten Mitstreitern übergab Gärtner Original-Exemplare aller 33 erschienenen „Joke“-Ausgaben an Hansa-Schulleiter Stefan Schulze für das Archiv des Gymnasiums – eine Gelegenheit, zusammen mit dem alten Team Geschichten aus der Redaktion auszutauschen.

Druck von oben machte junge Redaktion zu eingeschworener Gemeinschaft

Damals waren alle zwar kaum älter als zehn bis zwölf Jahre, aber der Druck von oben machte sie zu einer eingeschworenen Gemeinschaft: „Wir haben uns bei Klaus Bierkarre im Keller seines Elternhauses am Schulenbrooksweg zu den Redaktionssitzungen getroffen. In der Schule ging das ja nicht“, erinnerte sich Claus Rethorn.

Gedruckt wurde das in der Schule unerwünschte Blatt übrigens im Bergedorfer Rathaus oder sogar im Gemeindebüro der damals sehr konservativen Kirche St. Petri und Pauli. „Das lief natürlich eher inoffiziell“, erklärt Klaus Bierkarre. „Aber es klappte dank persönlicher Kontakte reibungslos. Und das obwohl wir es zu einer stattlichen Auflage von bis zu 300 Exemplaren gebracht haben.“

Dass der „Joke“ nicht politisch wurde, liegt wohl an seinem Aus im Jahr 1967. Damals waren seine wichtigsten Motoren der Mittelstufe entwachsen – und begannen, sich für die 68er-Studentenrevolte und die aufkommende Bergedorfer APO um Alfred Dreckmann zu begeistern. „Wir waren da als Schüler aber nur Mitläufer“, sagt Klaus Rethorn. Die „Umbenennung“ des Hansa-Gymnasiums per nächtlicher Farbattacke in „Karl-Liebknecht-Schule“ im Januar 1969 sei zwar interessiert zur Kenntnis genommen worden, habe aber mit den alten „Joke“-Redakteuren nichts zu tun gehabt.