Hamburg. In der Jugend waren sie begeisterte Skater. Inzwischen gestandene Männer, haben sie ihre Leidenschaft wiederentdeckt.

Corona hat für Aki Dzubilla (44) auch eine gute Seite gehabt. Er konnte die Leidenschaft seiner Jugend wiederentdecken. Der Bergedorfer gehört zu den „Skater-Dads“. Das sind Männer um die 40, die als Jugendliche nicht genug kriegen konnten von der Geschwindigkeit und den Kunststücken auf dem Brett mit vier Rollen. Als Erwachsene mit Beruf und oft auch Familie trat das Skaten in den Hintergrund. Nun genießen sie wieder die Freiheit auf den Skates.

Die Rollschuhbahn an der Chrysanderstraße ist zu ihrem Treffpunkt geworden. Michael Lang (47) und Stefan Fischer (37) gehören dazu. Beide sind zwar keine Väter, doch im entsprechenden Alter und vom Skating-Virus infiziert. Es gibt eine Gruppe beim Messengerdienst Telegram, in der sich die „Skater-Dads“ verabreden. Ein paar jüngere Skater sind auch dabei. Es gibt keine Berührungsängste. „Alle sind gleich. Das ist das Gute an unserem Sport“, sagt Stefan Fischer. Vor Kurzem kam ein junger Ukrainer dazu. Ihm wurde erst einmal mit Brett und Rollen ausgeholfen, die er selbst zusammenbauen konnte.

Bergedorfer Rollschuhbahn ist Treffpunkt der „Skater-Dads“

Die drei Männer haben auf ähnlich Weise den ersten Kontakt mit dem Sport aus den USA gefunden. Als Jungs (der Trendsport war damals eine rein männliche Domäne) sahen sie Skater – und wollten auch so cool sein. Erst wurden die Eltern genervt, die oft Bedenken hatten, der Sport sei zu gefährlich. Doch die Mütter und Väter ließen sich irgendwann erweichen und kauften ein billiges Brett, oft aus dem Kaufhaus. Die Eltern sahen die Begeisterung und Freude ihrer Kinder – und kauften dann oft teurere Bretter.

„Als Junge habe ich mir geschworen, solange auf dem Brett zu stehen, wie ich gehen kann“, sagt Stefan Fischer. Das Skaten ist für ihn „meine erste Liebe“. Das müssen auch die Frauen in seinem Leben akzeptieren. Eine Freundin kam damit nicht klar und stellte ihn vor die Alternative: sie oder das Skaten. Fischer trennte sich. Seine jetzige Freundin interessiert sich für sein Hobby. Das mag er: „Sie nimmt an meinem Leben teil, und ich nehme an ihrem Leben teil.“

Cool sein, das war während der Jugend ein Grund, sich auf das Brett zu stellen. Das treibt die „Skater-Dads“ nicht mehr an, wohl aber ein anderes Gefühl, das eng mit dem Sport verbunden ist. „Es gibt dir ein Gefühl der Freiheit“, sagt Stefan Fischer. Aki Dzubilla war in der Jugend als Tischtennisspieler und Fechter erfolgreich. Doch durch die festen Strukturen mit Training, Spieltagen und Wettkämpfen fühlte er sich zunehmend eingeengt. „Irgendwann fühlt sich Fechten wie Mathe an“, sagt er. Als er in das hoch angesehene Fechtleistungszentrum nach Tauberbischofsheim wechseln konnte, lehnte er es ab.

Die „Skater-Dads“ verfolgen, wie es ihren Helden der Jugend geht

Michael Lang musste eine unfreiwillige Skater-Pause einlegen, als es ihm „das Knie zerschossen“ hat. Doch nun kann er wieder auf dem Brett stehen und will es auch, solang es geht. Lang wurde 1975 in der Nähe von Frankfurt am Main geboren. Mit dem Skaten grenzte er sich gegen das ländliche und kleinbürgerliche Leben ab. In der Erinnerung haften noch die Bilder der ersten Tricks der Skater. Wie machen die das? „Damals gab es nichts, an dem man sich orientieren konnte“, erzählt der 47-Jährige. Youtube war noch nicht erfunden. Mit Mühe konnte er sich ein paar Sequenzen auf VHS-Kassette organisieren. Also wurde unentwegt ausprobiert und geübt, bis die ersten Tricks funktionierten.

Die Stimmung gegenüber Skatern hat sich geändert. Früher gab es häufig Probleme, etwa mit Anwohnern und der Polizei. Aki Dzubilla kann sich noch gut an den Aufkleber mit dem Spruch „Skating is not a crime“ („Skaten ist kein Verbrechen“) erinnern. Stefan Fischer und Aki Dzubilla sind gern auf abgegrenzten Flächen wie der Rollschuhbahn aktiv. Michael Lang ist lieber auf Straßen und Plätzen unterwegs, was noch immer einen Platzverweise durch die Polizei zur Folge haben kann.

Damals war der Einfluss der „Pros“, der professionellen Skater, groß. Heute verfolgen die „Skater-Dads“ die Entwicklung in der Szene nur noch aus der Entfernung. Allerdings gucken sie gern, was die Helden aus der jugendlichen Sturm-und-Drang-Zeit heute machen. Die drei Bergedorfer passen nicht mehr in das Bild des Skaters, der nichts anderes als sein Hobby kennt und dabei unendlich viel Zeit verbringt. Aki Dzubilla leitet eine Werbeagentur, Stefan Fischer hat seinen Meister als Heizungsbauer gemacht, und Michael Lang ist Buchhalter einer Bekleidungsfirma, die sich in den Bereichen Skating, Lifestyle und Trekking positioniert hat. Sie sind beruflich erfolgreich.