Boberg. Der ADAC-Rettungshubschrauber kann den Notarzt nun aus der Luft absetzen. Eine Katastrophe war Auslöser für die Umrüstung.

Als im Juli 2021 das Ahrtal so schwer überflutet wurde, dass 135 Menschen starben, waren auch die Retter der ADAC Luftrettung unermüdlich im Einsatz. Mehr als 200 Einsätze wurden geflogen – und 111-mal kam dabei eine Rettungswinde zum Einsatz. Nun hat auch der ADAC-Standort Hamburg am Unfallkrankenhaus Boberg dieses wichtige Hilfsmittel erhalten.

Vom Sonnabend, 24. September, 8 Uhr an fliegt der Rettungshubschrauber „Christoph Hansa“ im Probebetrieb mit einer solchen Seilwinde. Mit ihrer Hilfe können Notärzte zu Menschen herabgelassen werden, die etwa in Hochwasser oder im Watt festsitzen, womöglich auch in schlecht erreichbaren Industrieanlagen, auf Containerbrücken oder Kränen.

ADAC-Rettungshubschrauber „Christoph Hansa“ mit Seilwinde ausgestattet

Nur fünf Standorte der ADAC Luftrettung in Deutschland haben Hubschrauber mit dieser Funktion, Hamburg ist der sechste. „Wir versprechen uns viel davon“, sagt Christof Tietgen, stellvertretender Pressesprecher des ADAC Hansa. Denn die Rettungswinde macht den Einsatz von Notärzten an sehr schwer zugänglichen Orten möglich.

„Für uns gehört die Entscheidung für eine Winde in Hamburg zur kontinuierlichen Verbesserung der notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung aus der Luft“, sagt auch Frédéric Bruder, Geschäftsführer der ADAC Luftrettung. Das Drama im Ahrtal gab dabei einen wesentlichen Ausschlag.

Bei Windeneinsätzen besteht die Crew aus drei Personen

Die Crew von „Christoph Hansa“ ist in den vergangenen Monaten mit umfangreichen Schulungen auf ihre neue Aufgabe vorbereitet worden. Denn das Vorgehen ist komplex: Bei Windeneinsätzen fliegen drei Personen mit. Neben Pilot und Notarzt übernimmt nun der Notfallsanitäter zusätzlich die Funktion als Windenoperator an Bord. Er lässt den Notarzt hinab. Dieser kann bei Bedarf Menschen in einer Art Schale mitnehmen – gut befestigt mit Ösen.

Die Zahl der Einsätze mit Rettungswinde ist laut ADAC über die Jahre immer weiter gestiegen. 2021 waren es bereits über 400. Regelmäßige Trainings stellen sicher, dass die Crews ihre Einsatzroutinen weiter stärken. Aktuell gibt es diese Winden neben Hamburg auch in Murnau, München, Straubing, Sande und Imsweiler.

„Christoph Hansa“ ist seit 1990 am BG Klinikum in Boberg stationiert

Die ADAC Luftrettung ist ein wichtiger Pfeiler des öffentlichen Rettungsdienstsystems in der Region und darüber hinaus. Das Zuhause der fliegenden Gelben Engel in der Hansestadt ist seit 1990 das BG Klinikum in Boberg. Dort übernahm „Christoph Hansa“ anfangs ausschließlich Sekundäreinsätze, also Intensivtransporte oder Verlegungsflüge zwischen zwei Krankenhäusern. Inzwischen fliegt die Crew klassische Rettungseinsätze, bei denen der Notarzt auf schnellstem Weg zum Patienten gebracht wird. Mit der Winde kommt nun ein weiteres Einsatzgebiet dazu.

Dr. Harald Müller, Geschäftsführung des BG Klinikums in Hamburg-Bergedorf, begrüßt, „dass mit dem Start der Winde eine weitere Möglichkeit geschaffen wurde, Menschen aus Extremsituationen zu retten“. Seit mehr als 30 Jahren sei der Rettungshubschrauber Christoph Hansa ein „verlässlicher Partner an unserer Seite“.

Die Hamburger Crews bestehen aus drei Piloten der ADAC Luftrettung, denen Stationsleiter Michael Gomme vorsteht, 15 Notärztinnen und Notärzte des BG Klinikums, geleitet von Dr. Tim Lange, sowie Rettungsfachkräften des BG Klinikums, geleitet von Jörn Öllrich.

In diesem Jahr schon 990-mal von Boberg aus im Einsatz

Die Einsatzbereitschaft beginnt täglich um 8 Uhr und dauert bis Sonnenuntergang, spätestens 21 Uhr. Alarmiert werden die Retter über die 112. Von Januar bis August 2022 wurden die fliegenden Gelben Engel aus Hamburg schon 990-mal angefordert, im Jahr 2021 rückten sie insgesamt 1454-mal aus. In Summe haben die Boberger bislang bereits 37.741 oft lebensrettende Einsätze übernommen.