Bergedorf. An der GSB gibt es ein besonderes Programm für die Integration von Flüchtlingen. Wie es funktioniert, wovon die Jugendlichen träumen.

Als erstes fällt ihnen auf, dass hier niemand eine Schuluniform trägt und dass es in Deutschland sogar für die Fußgänger Ampeln gibt! „Und dass man hier über Politik reden darf, ohne verhaftet zu werden“, sagt Ammar Almeshaal. Der 16-Jährige aus dem syrischen Damaskus besucht die Stadtteilschule Bergedorf (GSB) und möchte danach Architektur studieren.

Schon vor fünf Jahren hat er sich mit Nima Mirzapour (17) angefreundet, der aus dem Iran stammt: Zusammen büffeln beide die komplizierte deutsche Grammatik – jeden Donnerstag von 12 bis 13.30 Uhr. Immer dann steht ihr Mentor ihnen zur Seite.

Stadtteilschule Bergedorf: Mentoren helfen jungen Geflüchteten

Uwe Hansen ist zwar ein ehemaliger Lehrer, aber der 69-Jährige hat nicht nur Unterricht im Sinn: „Wir lesen auch gemeinsam die Zeitung, lernen Witze und können über Religion sprechen, ohne uns an die Gurgel zu gehen“, sagt der Bergedorfer grinsend. Ernster fragt er Nima: „Hast du schon bei der Berufsberatung vom Arbeitsamt mitgemacht?“

Insgesamt 25 Mentoren kümmern sich ehrenamtlich an der Stadtteilschule Bergedorf um gut 30 Mentees, die aus fernen Ländern stammen. Die Nachfrage ist groß, Kulturmittlerin Salma Dostyar führt sogar eine Warteliste. Das liege auch daran, dass sich viele Kinder schnell integrieren wollen – mit einem besonderen Modell.

An der GSB sind die Kinder nur die ersten sechs Wochen in einer internationalen Vorbereitungsklasse und bekommen zusätzlichen Deutschunterricht. Danach geht es gleich in eine Regelklasse: „Die meisten wollen schnell Freunde finden, sie lechzen nach Alltag und Struktur, wollen einfach ein Stück Normalität“, sagt Patricia Reimers, die das Mentorenprogramm steuert – und mehr Unterstützung wünscht.

Viele Geflüchtete erreichen die Schule traumatisiert von ihren Erlebnissen

Denn viele Schüler seien traumatisiert, hätten ihre Familie auf der Flucht verloren oder gar ihre Geschwister sterben sehen: „Und wir haben leider keine Schulpsychologen. Daher sind die Mentoren oft die ersten Ansprechpartner, wenn sich jemand öffnen möchte“, so Reimers – und fügt hinzu: „Wir können sie zum schulpsychologischen Dienst begleiten oder zum Jugendamt. Das hilft, ist aber nicht der einfachste Weg.“

Nicht den einfachsten Weg nehmen auch jene Neunt- und Zehntklässler, die sich freiwillig gemeldet haben, um auf Russisch zu dolmetschen: „Sie wollen deutlich machen, dass auch sie gegen den Krieg sind“, sagt Barbara Schrader, die Deutsch als Zweitsprache unterrichtet und derzeit acht ukrainische Flüchtlinge in der Klasse hat: Nach den Sommerferien werden auch diese Kinder ins Mentorenprogramm finden, das von der Wentorfer Buhck-Stiftung gefördert wird.

Weitere Mentoren willkommen – Besonderes Fächerwissen nicht erforderlich

Dass sie mal „irgendwas mit Sprachen“ machen will, ist für Lava Hussaini jedenfalls schon klar: Neben Arabisch, Kurdisch und Deutsch lernt sie noch Englisch und Spanisch. „Zu Hause bin ich für die Behördenpost zuständig, wenn Briefe vom Jobcenter oder der Familienkasse kommen“, sagt die 18-Jährige Syrerin, die ebenso wie ihre Freundin Adia Arif aus Afghanistan sehr froh darüber ist, bei Problemen ihren Mentor Sebastian Roth (32) ansprechen zu können.

Wer ebenfalls Schüler mit Migrationshintergrund unterstützen möchte, sollte wöchentlich etwa 90 Minuten Zeit haben – braucht aber kein spezifisches Fächerwissen. Meist reicht ein Lese- und Schreibtraining in der Schule. Anmeldungen sind willkommen, am besten per E-Mail an info@fluechtlingshilfe-bergedorf.de.