Hamburg. Neuer Verein SerrahnEins will Hilfe für Migranten verstärken. Warum sich der Bergedorfer Verein für Völkerverständigung auflöst.

Wer darf mitbestimmen, was verantworten, wie umsetzen? Man könnte meinen, sie hätten sich Fusseln an den Mund geredet. Ein Jahr lang hat es gedauert, bis an der Serrahnstraße 1 Einigkeit herrschte. Jetzt aber ist der Verschmelzungsvertrag zwischen den Vereinen KulturForum und Kulturhaus unterschrieben – in Anwesenheit eines Notars. Die Liaison ist nicht zuletzt nötig, weil sich nach 34 Jahren der Verein Bergedorfer für Völkerverständigung auflösen wird. „Leider konnte kein Nachfolger für mich gefunden werden“, sagt die 61-jährige Vorsitzende Girija Harland.

SerrahnEins e.V. – Zentrum für Kultur und Gesellschaft lautet der Name des neuen Kulturvereins, der keinen Platz mehr für Reibereien bieten will: „Die Konkurrenzen lösen sich auf, es gibt einen neuen Energieschub“, meint Harland – auch mit Blick auf den paritätisch besetzten, zweijährigen Übergangsvorstand.

Um die Jahrhundertwende öffnete hier eine Kaffeeklappe für Hafenarbeiter

Als erste Vorsitzende agieren Ernst Heilmann und Ingrid Saalfeld-Köster, denen die Vize Bernhard Nette und Holger Neumann zur Seite stehen, dazu die Kassierer Thomas Koops und Therese Moll-Schneck. „Der Beschluss war einstimmig, ich hatte richtig Gänsehaut. Man merkt: Die Leute haben wieder Lust, sich zu engagieren“, sagt Saalfeld-Köster.

Eine bunte Geschichte schreibt der Ort seit jeher, denn um die Jahrhundertwende öffnete hier eine Kaffeeklappe für Hafenarbeiter. Anschließend schätzten die Bergedorfer jahrzehntelang Gummi Wegner, begrüßten den ein oder anderen Fahrradladen, bis zuletzt das Gewerkschaftshaus entstand. Dann wurde es brenzlich: „Als die IG Metall ihr Büro auflöste, waren keine Hauptamtlichen mehr im Haus, daher hat sich ein Verein mit Ehrenamtlichen gegründet“, erzählt Bergedorfs DGB-Vorsitzender Ernst Heilmann die wechselvolle Geschichte zur Rettung der kulturellen Angebote, die mit Kinderkino, Filmabenden und Kunstausstellungen angereichert wurden.

Quartiersfonds des Bezirks löst Forum Flüchtlingshilfe ab

Immerhin mehr als 6000 Euro müssen im Monat aufgebracht werden, da hilft natürlich die private Saal-Vermietung, aber vor allem auch die Dauermieter wie Gewerkschaft und Sozialverband, Mieter- und Ewerverein, Büros von SPD und Linken, allen voran der Verein für Völkerverständigung mit seinem „Haus für alle“. Das bietet seit dem Flüchtlingsstrom 2015 nicht nur Sozialberatung an, sondern auch ein Begegnungscafé, Wohnungsvermittlung und Patenschaftsprojekte, nicht zuletzt viele Angebote für Frauen – etwa Yoga und ein Selbstbehauptungskursus.

Neben der Gewerkschafts- und Kulturarbeit sieht die Satzung jetzt eben auch die interkulturelle Beratung als dritte Säule des neuen Vereins vor. Die Integrationsarbeit bleibe ein wichtiger Bestandteil – wenn auch stets um die Finanzierung gekämpft werden muss: Der Quartiersfonds des Bezirks löste das Hamburger „Forum Flüchtlingshilfe“ ab: „Wir brauchen aber jährlich 160.000 Euro und werden das im Bezirksamt auch wieder beantragen“, sagt Harland, die immerhin zwei Hauptamtliche, 200 Ehrenamtliche und 140 Patenschaften in Bewegung halten will.

Im Herbst soll es ein Hausfest und einen Zukunftswerkstatt geben

Immer wieder sind helfende Hände und Ideen willkommen, etwa in den Teams, die sich für die Vermietung engagieren, für Veranstaltungen, die Finanzen, das Programm oder die IT, die derzeit eine neue, gemeinsame Webseite erarbeitet. „Auf jeden Fall wollen wir im Herbst zu einem Hausfest und zu einer Zukunftswerkstatt einladen, bei der alle mitmachen können“, kündigt der neue Vorstand an, der den Verein am Montag, 20. Juni,18 Uhr, auf der Sitzung des Beirates Bergedorf-Serrahn vorstellt – im eigenen Haus.