Hamburg. Der Vorwurf wiegt schwer: Um Kosten zu sparen, sollen Behörden abwarten, bis das Treibgut außerhalb des Zuständigkeitsbereichs ist.

Treibgut auf der Elbe ist lebensgefährlich. Massive Baumstämme können Schiffe versenken, Schleusen oder Sperrwerke blockieren und sogar die Deiche massiv beschädigen. „Gegenwärtig gibt es auf den 35 Elbkilometern im Bereich der Vier- und Marschlande ausgesprochen viel Treibgut. Darunter sind auffällig viele Baumstämme, die offenbar nicht entfernt werden“, warnte Bernd Capeletti (CDU) in der jüngsten Bezirksversammlung – und zitierte Deichvogt Peter Stoof: „Bleibt das so, müssen die Deiche höher gepflastert werden, um Schäden abzuwenden.“

Neben den großen Waldschäden, die die jüngsten Stürme etwa bei Zollenspieker auch im Deichvorland angerichtet haben, sieht Capeletti die Ursache der Treibgut-Flut auch in einem gewissen Wildwuchs an Behörden-Zuständigkeiten, was dessen Beseitigung angeht. „Ich habe den Eindruck, dass selbst bei gefährlichen Baumstämmen eine Bergung erst nach intensiver Prüfung der finanziellen Lage der jeweils Zuständigen erfolgt. Und herrscht Ebbe in der Kasse, wird eben gewartet, bis die Elbe das Objekt in die Zuständigkeit der nächsten Behörde spült.“

Elbe: Politik, Polizei, Feuerwehr führen regelmäßig Deichschauen durch

So sei es etwa mit einem Baumstamm geschehen, der erstmals bei Warwisch gesichtet wurde, dann bei Zollenspieker und mittlerweile wohl weiter flussabwärts liege. „Unsere zweimal jährlich angesetzte Deichschau bietet regelmäßig ähnliches Anschauungsmaterial“, sagt Capeletti, der die Vielfalt der dabei mitfahrenden Institutionen kennt: Neben Politik, Polizei, Feuerwehr und den ehrenamtlichen Deichgeschworenen seien das an Behörden unter anderem das Bezirksamt, die Umweltbehörde und der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer. Wasserseitig zum Deich schlössen sich dann das Wasser- und Schifffahrtsamt Lauenburg und Hamburgs Hafenverwaltung HPA an.

Eine Vielfalt, die zwar klare Grenzen zwischen den behördlichen Zuständigkeiten kenne, aber die Naturgewalt des Flusses eben gern nutze, um in Sachen Treibgutentfernung einfach abzuwarten. Dem will die Bezirksversammlung jetzt einen Riegel vorschieben – und zwar noch vor dem Beginn der nächsten Sturmflut-Saison im Oktober.

Bergedorfer Koalition vertagt eine Entscheidung

Der von der CDU eingebrachte Antrag sieht vor, alle Behörden durch das Bezirksamt aufzufordern, sämtliche „für die Sicherheit von Deichen, Schifffahrt und Schleusen sowie Sperrwerken erforderlichen Maßnahmen“ beim Erkennen von gefährlichem Treibgut auch umzusetzen. So solle eine Übersicht erstellt werden, „wie die Verkehrssicherheit für den Tideelbe-Raum auszusehen hat“ und zwar „innerhalb und außerhalb der Sturmflutperiode“.

Ganz so schnell wollte die Bergedorfer Koalition aus SPD, Grünen und FDP das Projekt zwar nicht anschieben – und verschob die Entscheidung von der Bezirksversammlung zur inhaltlichen Diskussion in den Regionalausschuss Vier- und Marschlande. Auf die lange Bank soll das erhoffte neue Miteinander der Behörden allerdings nicht geschoben werden: Es steht bereits für Dienstag, 10. Mai, auf der Tagesordnung des Regionalausschusses. Und auch die von der CDU gesetzte Frist für ein Ergebnis bleibt bestehen: Im September soll das Bezirksamt berichten – also pünktlich vor der nächsten Sturmflut-Saison.