Boberg. „Was mache ich da eigentlich?“ Ganz am Ende schoss Jan Umlauf (46) diese Frage durch den Kopf, als er und sein Aero-Club-Vereinskollege Sebastian Huhmann (38) in ihren beiden Segelflugzeugen nur noch 450 Meter hoch über dem brandenburgischen Perleberg flogen und die Thermik zunehmend zu wünschen übrig ließ.
Würden sie es zurück nach Boberg schaffen – oder bald auf einem Acker aufsetzen müssen? Dann wäre alle Mühe vergebens gewesen ... Doch alles ging gut: Gegen 20.30 Uhr landeten beide Piloten auf dem Segelflugplatz Boberg. Sie hatten damit ein Meisterstück vollbracht – eine 1000-Kilometer-Reise im Segelflieger der 18-Meter-Klasse in einer Dreiecksdistanz.
Sie waren die allerersten
„Das ist zum ersten Mal von Boberg aus gelungen“, sagt Jan Umlauf nicht ohne Stolz. Die Dreiecksdistanz gilt als besonders schwierig. Im Segelflieger 1000 Kilometer zurückzulegen, ist bereits eine Leistung. Dabei wird aber noch unterschieden, ob der Pilot nur in eine Richtung zu einem Ziel fliegt – wie es ein Boberger vor 45 Jahren schaffte –, ob er hin und zurück fliegt („Jojo“) wie Sebastian Huhmann vergangenes Jahr, oder eben ein Dreieck. Dabei müssen die Piloten ihr Flugzeug an zwei Punkten wenden können, brauchen perfektes Wetter und perfektes Timing. „Normalerweise kann man beim Segelfliegen immer gucken, wo das Wetter gut ist und auch mal einen Umweg einplanen“, sagt Jan Umlauf. Bei so einem geplanten Flug gehe das nicht. „Deshalb sind solche angekündigten Aufgaben die deutlich schwierigeren Flüge.“
Passendes Wetter ist absolut selten
Für so eine Aufgabe braucht es gute Vorbereitung – und Glück. Denn das passende Wetter gebe es in Norddeutschland „vielleicht zweimal im Jahr“, so Huhmann. Und genau dann muss es auch zeitlich möglich sein – beide Vereinskollegen sind als Berufspiloten von ihren Dienstplänen bei der Lufthansa abhängig. Doch diesmal schien schnell klar, dass das Wetter stimmen wird. Zeit war auch. Und so ließen die Männer am Sonnabend gegen 10 Uhr in Boberg ihre Flieger starten.
Beide nahmen eine annähernd gleiche Strecke, regelmäßig per GPS dokumentiert: Sie lenkten südöstlich an Berlin vorbei Richtung Spreewald, bogen dort nordöstlich ab und flogen weit nach Polen hinein. Dort wendeten sie in Richtung Heimat, flogen die letzten 445 Kilometer gemeinsam nach Hause. Die Zeit schien bei der zweiten Wende schon knapp, sodass die Männer etwas nervös wurden. Doch das war vergessen, als beide in Boberg landeten und die Vereinskollegen gratulierten.
Wackeln in Deutschland jetzt die Rekorde?
Die Teamkollegen erhalten nicht nur ein seltenes Diplom, das weniger als 200 deutsche Piloten haben. Sie haben vielleicht sogar deutsche Rekorde aufgestellt. Umlauf schaffte vermutlich einige Meter mehr als der bisherige Rekordhalter. Huhmann könnte mit seiner späten ersten Wende einen Rekord geknackt haben. Beides wird noch geprüft.
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