Baureihe ET 490

Ein erster Blick auf Hamburgs neue S-Bahn

| Lesedauer: 5 Minuten
Bettina Hesse
Hamburgs S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke im Führerhaus des Prototyps „ET 490“ hat das Jahr 2017 fest im Visier. Dann sollen auf der Bergedorf-Strecke der Linien S 2 und S 21 die ersten modernen S-Bahn-Züge der Baureihe „ET 490“ rollen.

Hamburgs S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke im Führerhaus des Prototyps „ET 490“ hat das Jahr 2017 fest im Visier. Dann sollen auf der Bergedorf-Strecke der Linien S 2 und S 21 die ersten modernen S-Bahn-Züge der Baureihe „ET 490“ rollen.

Foto: Bettina Hesse / BGZ

Bergedorf. 2017 sollen die ersten neuen S-Bahn-Züge auf der Bergedorf-Linie rollen. Ein Prototyp der Baureihe steht bereits auf dem Prüfstand.

Die Tage der alten S-Bahnzüge in Hamburg sind gezählt. Gestern wurde im Bombardier-Werk in Hennigsdorf der erste Prototyp der neuen Fahrzeug-Generation „ET 490“ vorgestellt. 60 Züge sollen bis Ende 2018 ausgeliefert werden. Die ersten sollen schon im Laufe des Jahres 2017 auf die Strecke gehen – und zwar auch auf der Bergedorfer Strecke der Linien S 2 und S 21.

Das moderne Design bietet wenig Überraschungen

Von außen rot wie das Deutsche-Bahn-Logo, von innen blau wie ein Regionalzug: Das Design der neuen S-Bahn birgt keine Überraschungen. Moderner, heller und freundlicher als die 35 Jahre alten und noch dazu störanfälligen Züge sind sie allemal – und technologisch auf dem neuesten Stand.

Alle Wagen sind mit Klimaanlagen und modernen Systemen zur Fahrgastinformation ausgestattet, die Heizungsanlage arbeitet energiesparend mit einer Wärmepumpe und nutzt im Fahrbetrieb vorzugsweise die Abwärme des Antriebs.

Durchgehende Wagen bieten mehr Platz und Sicherheit

Darüber hinaus sind die 66 Meter langen Fahrzeuge aus drei Wagen wahre Raumwunder. „Durch die Durchgängikeit können sich die Fahrgäste besser verteilen, und es entsteht in höheres Maß an Sicherheit“, schwärmte Hamburgs S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke, als er zum ersten Mal einen der neuen Sitzplätze ausprobierte. Im Mehrzweckraum gebe es zudem genügend Platz für Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen.

Von der Bestellung der Fahrzeuge 2013 bis zur aktuellen Endmontage war es jedoch ein langer Weg. „So ein Projekt bedarf eines Vorausdenkens über viele Jahre“, betonte Michael Sohn, Chefdesigner bei Bombardier. Und weil 200 bis 300 Ingenieure daran beteiligt seien, sei es auch notwendig, von Anfang an eine gemeinsame Vorstellung des Zuges zu haben.

3D-Visualisierungen sollen „böse Überraschungen“ vermeiden

Mit dem Virtual Reality Center – einer 3-D-Visualisierung – kein Problem. Per Knopfdruck lassen sich die Modelle im Maßstab von eins zu eins auf eine Leinwand werfen, drehen, wenden und wie im echten Leben begehen. Mit einer 3-D-Brille lässt sich so jedes Kabel, jede Schraube erkennen. „Diese Simulation ist wichtig, um falsche Entwicklungen zu verhindern und Risiken zu minimieren“, erklärt Susanne Hellwig, Teamleiterin im Virtual Reality Center.

Von der Leinwand bis zum fertigen Produkt: Aktuell befindet sich der Prototyp des „ET 490“ auf dem sogenannten Prüfstand. „Wir testen derzeit die Software und die Qualität der Signale“, sagt Projektmanager Stefan Wätzold. Danach folgten ersten Fahrten auf der externen Teststrecke von Bombardier. „Da werden dann zum Beispiel die Bremsen überprüft und wie sich der Zug bei der Fahrt verhält.“ Und wenn dann alles funktioniere, könne der „ET 490“ auf die Schiene gehen.

Probefahrten noch in diesem Jahr

Bereits für Ende dieses Jahres sind die ersten Probefahrten des Prototyps in Hamburg geplant – allerdings ohne Fahrgäste und außerhalb der Betriebszeiten. Ab Mitte 2017 sollen dann acht Züge aus der Vorserie in den Probebetrieb gehen, 40 Wochen lang unter echten Bedingungen im Hamburger S-Bahn-Netz getestet werden. Die sukzessive Auslieferung aller 60 Fahrzeuge ist bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2018 geplant.

S-Bahn-Chef Arnecke ist zuversichtlich, dass der Zeitplan eingehalten werden kann. 335 Millionen Euro lässt er sich die neuen Züge kosten. „Für Bergedorf ist das doch eine gute Nachricht“, zeigt sich Arnicke zufrieden.

Ausfälle und Verspätungen von S21 und S2 bald Vergangenheit

Tatsächlich sind die jetzigen Züge in die Jahre gekommen, insbesondere im vergangenen Herbst fielen sie bedingt durch das feuchte Wetter und Laub auf der Strecke häufiger aus. Von den 45 Millionen Fahrgästen auf den Linien der S 2 und S 21 im vergangenen Jahr, mussten tausende Verspätungen in Kauf nehmen. Das soll nun bald ein Ende haben, wenn der „ET 490“ auch in Bergedorf rollt.

Das Werk Hennigsdorf ist Bombardiers größter Produktionsstandort in Europa. Auf einer Fläche von 650 000 Quadratmetern arbeiten derzeit etwa 2600 Mitarbeiter. Von der Fahrzeug-Entwicklung bis zur Endmontage: Das Aufgabenfeld des Unternehmens ist breit gefächert. Ob Hochgeschwindigkeits-, Nahverkehrs- oder Regionalzüge, U-Bahnen oder Straßen- und Stadtbahnen spielt dabei keine Rolle. Neben der Produktion und Prüfung neuer Fahrzeuge bietet Hennigsdorf auch Antriebstechnik und Wartungsdienstleistungen an.

Gleichzeitig ist das Werk Sitz des Managementteams der Region Zentral- und Osteuropa. Von Skandinavien bis nach Griechenland, von Deutschland bis in die Mongolei: 42 Länder beliefert das Unternehmen aus Hennigsdorf. Neben der Entwicklung und dem Bau der neuen S-Bahn-Züge für Hamburg arbeitet Bombardier derzeit an einer neuen Metro für Stockholm und dem Ausbau der Straßenbahnflotte in Berlin. Für China fertigt das Unternehmen derzeit einen Hochgeschwindigkeits an, der 380 km/h auf die Strecke bringt. Gemeinsam mit Siemens arbeitet Bombardier darüber hinaus an der neuesten Generation des „ICx“.

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