Von Gerrit Pfennig

Neuengamme.
Sie berichteten mit aufwendigen Stichen und in Frakturschrift über die gefährliche Elbüberquerung im Treibeis oder bunte Volksfeste: historische Zeitungen und Illustrierte. Henner Mühlenweg sammelt viele dieser über 100 Jahre alten Dokumente. "Die Zeitungen haben uns auch heute noch einiges zu sagen", ist der 77-Jährige überzeugt.

Die Leidenschaft des Neuengammers begann mit seinem Vater Heinz und der Kindheit in Gummersbach (Nordrhein-Westfalen). Dort arbeitete Heinz Mühlenweg zunächst als Reporter und später als Redaktionsleiter für den "Kölner Stadtanzeiger". In seiner Freizeit sammelte der Journalist zahlreiche historische Zeitungen, viele davon aus dem 19. Jahrhundert.

Und diese Vorliebe lebte weiter. Auch als Henner Mühlenweg für seine Arbeit bei der Hauni nach Bergedorf zog. Bis heute blättert er regelmäßig in der Sammlung - etwa in seinem ältesten Exemplar, die "Illustrirte Zeitung" aus Leipzig, die 1861 ausführlich über das winterliche Hamburg berichtete.

Damals fehlte zwischen Hamburg und Harburg eine Brücke über die Süderelbe (erst 1872 wurde Hamburg nach Süden ans Eisenbahnnetz angeschlossen). Die Menschen durchquerten deshalb die gefährlichen Eisschollen in wackeligen Kähnen oder fuhren im Pferdeschlitten über den gefrorenen Fluss. Eindrücke hiervon zeigte die Zeitung mit Stichen, die nach den Zeichnungen eines Künstlers entstanden waren.

Für Mühlenweg sind es aber nicht nur eindrucksvolle Schilderungen, die den Wert ausmachen: "Man merkt deutlich, wie sich Ton und Schreibstil bis zum Dritten Reich verschärften", sagt der Neuengammer. Gerade in der aktuellen Diskussion über die Unterbringung von Flüchtlingen höre man wieder Ausdrücke wie "das Boot ist voll". Dies erinnere sehr an die Ausdrucksweise der Nazi-Zeit.

Und genau daraus müsse man Lehren ziehen, fordert Mühlenweg. Er engagiert sich deshalb als Fahrer bei der Bergedorfer Tafel, bringt Nahrungsmittel wie Joghurt, Nudeln oder Reis auch zu jungen Flüchtlingen. "Viele von ihnen wurden missbraucht. Sie haben ein Trauma für ihr Leben." Den Deutschen gehe es besser denn je - es sei Zeit, etwas zurückzugeben.