Von Gerrit Pfennig

Bergedorf.
Sie hatte offenbar Angst vor einem Mitbewohner in ihrer Flüchtlingsunterkunft und drohte deshalb, sich selbst anzuzünden. Ihr Ziel: Sie wollte eine neue Bleibe. Wegen dieser Tat hätte sich gestern die Asylbewerberin Sanela S. vor dem Bergedorfer Amtsgericht verantworten sollen. Die 36-Jährige tauchte nicht auf. Das Gericht vertagte die Verhandlung nicht, sondern erließ einen Strafbefehl - wegen versuchter Nötigung.

Die Szenen, wie die Anklage sie schildert, sind schockierend: Am 8. Januar soll sich die Frau aus Bosnien-Herzegowina vor dem Verwaltungsgebäude des Pavillondorfs am Curslacker Neuen Deich erst mit Benzin übergossen haben. Dann drohte sie mit einem Feuerzeug in der Hand, sich das Leben zu nehmen. Polizisten konnten noch einschreiten und Schlimmeres verhindern.

"Das ist ein unschönes Motiv und das unschöne Ende einer langen Kriminalitätsgeschichte", sagte Oberstaatsanwalt Arnold Keller. In der Tat: Die Angeklagte trat bereits mehrfach wegen Ladendiebstählen polizeilich in Erscheinung. Zuletzt wurde die Mutter im September unter anderem wegen einer Verletzung der Aufsichtspflicht zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt - bei den schrecklichen Szenen in Bergedorf stand sie unter Bewährung.

Pflichtverteidiger Marco Massolle gab zu bedenken, dass die Vorstrafen "alles andere als einschlägig" gewesen seien. Auf eine Teileinstellung des Verfahrens wollte sich Oberstaatsanwalt Keller dennoch nicht einlassen. Eine solche Teileinstellung ist möglich, wenn eine neue Strafe neben bestehenden Strafen nicht weiter ins Gewicht fällt. Auf Kellers Antrag hin erließ Richter Götz Schwerin schließlich einen Strafbefehl über 50 Tagessätze - 400 Euro Geldstrafe.

Was genau zwischen dem anderen Bewohner und Sanela S. in den Flüchtlingscontainern vorgefallen war, blieb damit im Dunkeln. Eine Dolmetscherin zog unverrichteter Dinge wieder ab.

Erfolg hatte die 36-Jährige mit ihrer Forderung trotz der versuchten Nötigung. Sie wohnt jetzt in einer anderen Unterkunft in Hamburg. Da Bosnien-Herzegowina inzwischen als sicheres Herkunftsland eingestuft ist, wird eine Abschiebung aber wahrscheinlicher.

"Das ist ein unschönes Motiv und das unschöne Ende einer langen Kriminalitätsgeschichte." Arnold Keller Oberstaatsanwalt