Bergedorf/Hamburg
(cr).
Nach einer Austrittswelle im vergangenen Jahr scheinen die Hamburger Kirchen wieder besseren Zeiten entgegenzublicken: Im Bezirk Bergedorf hat sich die Zahl derjenigen, die der Kirche den Rücken kehren, wieder deutlich verringert. "Bis zum Stichtag 23. Juli hatten wir 396 Austritte", sagte Standesamtsleiter Dirk Bakker. Im selben Zeitraum 2014 waren es bereits 565. Im gesamten vergangenen Jahr waren sogar 1023 Menschen ausgetreten (2013: nur 623). Die Eintritte durch Rückkehrer oder getaufte Menschen werden bei dem Amt nicht erfasst.

Über die Ursachen der Welle können die Spitzen der evangelischen und katholischen Kirchen nur spekulieren. Da beim Austritt kein Grund angegeben werden muss, wurde der massive Anstieg allgemein mit dem 2014 eingeführten neuen Steuereinzugsverfahren für die Kirchensteuer auf Kapitalerträge in Verbindung gebracht. Es änderte zwar nichts an der Höhe der Kirchensteuer, doch schienen dies die Mitglieder zumindest zu befürchten.

Das Erzbistum Hamburg (knapp 400 000 Katholiken), das jetzt seine Zahlen für 2014 vorlegte, konnte die Mitgliederverluste auffangen, liegt sogar leicht im Plus. Zwar war die Zahl der Eintritte gering, doch profitieren die Katholiken stark von Zuzügen aus dem katholischen Ausland, Beispiel Polen. Anders die Protestanten im Kirchenkreis Hamburg-Ost (695 000 Mitglieder). Dort werden allein 5410 Austritte im ersten Halbjahr 2014 genannt (2013: nur 3442), neue "Mitgliedschaftsbegründungen" gab es jedoch nur 2307 - noch weniger als im Vorjahr. Neuere Zahlen, auch für 2015, gab die Kirche nicht bekannt. Es sei aber für 2015 eine rückläufige Tendenz bei den Austritten abzusehen, so der Sprecher des Kirchenkreises Hamburg-Ost, Remmer Koch.

Die Kirchen eint Ratlosigkeit darüber, wie Ausgeschiedene in die Kirche zurückgeholt werden könnten. Da sie ihre Gründe nicht angeben müssen, sei es schwierig gegenzusteuern, meint Marco Chwalek vom Erzbistum Hamburg. Remmer Koch aus dem evangelischen Kirchenkreis Hamburg-Ost sieht das ähnlich: "Wir können nur versuchen, mit unserer Arbeit und unseren Inhalten zu überzeugen. Kirche ist viel mehr, als man manchmal auf den ersten Blick erkennt."