Von Bettina Biester

Bergedorf.
Als Daniel P. (Name geändert) im August vergangenen Jahres den Weg zur Schuldnerberatung suchte, stand er bereits mit dem Rücken zur Wand. Etliche Male war sein Gehalt gepfändet worden, bei der Bank stand der 46-Jährige mit mehreren Zehntausend Euro in der Kreide. Der Besuch bei einem privaten Bergedorfer Schuldenberater schien ihm der letzte Ausweg. Doch genau dort ereilte ihn der nächste Tiefschlag. Er wurde Opfer eines vermeintlichen Betrügers.

Es war reiner Zufall, dass Daniel P. an den Berater Sven M. (54) in der Bergedorfer Innenstadt geriet. "Vor seinem Büro wurde gerade ein Parkplatz frei", erinnert sich der Versicherungskaufmann. Als er das Schild an der Hauswand sah, nahm er sich ein Herz und bekam auch sofort einen Termin bei dem Berater. "Er hatte ein absolut seriöses Auftreten, schien zu wissen, wovon er redete", sagt der 46-Jährige. Er fasste sofort Vertrauen - fatal.

Sven M. riet ihm, Privatinsolvenz anzumelden. Der Berater wollte sich um alles kümmern, sobald Daniel P. ihm eine Bearbeitungsgebühr von 1000 Euro gezahlt habe. Und der geschiedene Vater dreier Kinder trieb das Geld auf. Er reichte alle Unterlagen ein, vertraute darauf, dass die Dinge ihren Lauf nehmen. Doch die versprochene Leistung bekam er nicht. Tatsächlich ist bis heute kein Insolvenzantrag beim Amtsgericht Hamburg eingegangen.

Wieder war es ein Zufall, der Daniel P. vor wenigen Tagen auf den Missstand stieß. Eine Kundin rief ihn an, wollte eine Deckungszusage ihrer Rechtsschutzversicherung, um gegen einen betrügerischen Schuldenberater vorzugehen. 1500 Euro habe sie diesem gezahlt, damit er sich um ihre Privatinsolvenz kümmere, sagt die 52-Jährige. Passiert sei nichts. Es war Sven M..

Klar sei er etwas naiv gewesen, dem Berater blindlings zu vertrauen und die ausbleibenden Konsequenzen einer Privatinsolvenz nicht zu hinterfragen. "Aber wenn man mit dem Rücken an der Wand steht, ergreift man jeden Strohhalm", sagt der 46-Jährige. Mittlerweile hat er sich professionelle Hilfe geholt - bei der Schuldnerberatung der Hamburger Arbeit am Sander Markt. Fortlaufende Kosten machen die Schuldenwelle, die jetzt über ihn hereinbrechen wird, noch größer.

Daniel P. und seine Kundin sind nicht die einzigen Opfer. "Bei uns haben sich in den vergangenen zwei Wochen zehn ehemalige Klienten dieses Schuldenberaters gemeldet", sagt Rita Jeske von der öffentlichen Schuldner- und Insolvenzberatung der Hamburger Arbeit. Sie alle zahlten Sven M. Geld für Leistungen, die er offenbar nicht erbrachte. "Ich vermute auch, dass es da noch mehr Betroffene gibt", sagt Jeske.

Das meint auch Daniel P.. Bei einem Infonachmittag der Schuldnerberatung der Hamburger Arbeit am 19. August will er eine Liste auslegen, um weitere Betroffene zu finden und gegebenenfalls eine Sammelklage anzustreben. Anzeige will er noch erstatten. Andere haben dies bereits getan. Die Hamburger Polizei hat nach eigenen Angaben Ermittlungen aufgenommen.

Sven M. war in den vergangenen Tagen für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Seine Büroräume in der Bergedorfer Innenstadt sind verschlossen, die Internetseite befindet sich "im Umbau", unter der dort angegebenen Telefonnummer gibt es keinen Anschluss mehr. Seit sechs Wochen schon soll er wie vom Erdboden verschluckt sein.

Pikant: Im Mai ist gegen Sven M. selbst ein Insolvenzverfahren angemeldet worden, wie es auf der offiziellen Internetseite