Neuallermöhe
(cn).
Bei Marianne und Ingo Herwig leben jetzt acht Untermieter - und das ganz ohne amtliche Meldung. Das Rotkehlchen-Pärchen, das sich im dekorativen Türkranz der Rentner am Lucie-Suhling-Weg eingenistet hatte (wir berichteten), hat inzwischen sechs kleine Küken ausgebrütet. "Seitdem gibt es bei uns im Vorgarten mehr Flugbewegungen als an einem Großflughafen", sagt Ingo Herwig und lacht.

Der 75-Jährige hat seine helle Freude daran, die Fütterung zu beobachten. Mit Insekten, Maden und kleinen Würmern im Schnabel drehen die Eltern abwechselnd ihre Runden über der Dachrinne. Wenn der eng aneinander gekuschelte Nachwuchs den Anflug bemerkt, klappen sechs orangefarbene Schnäbel auf und werden gen Himmel gereckt. Die Fütterung selbst dauert nur eine Sekunde, dann sind Mama und Papa wieder weg - Nachschub ranschaffen.

"Mit ins Nest passen die Eltern jetzt nicht mehr", erklärt Herwig. Die Futtersuche sei für die Vögel ein "Fulltime-Job". Unterbrochen wird diese nur, wenn Ingo Herwig oder seine Frau ihre Nase zu dicht in den Türkranz stecken. "Eigentlich stören sich die Vögel nicht daran, wenn die Tür geöffnet wird", sagt Ingo Herwig. "Aber wehe, wir kommen dem Nest zu nahe." Dann fliegen die Rotkehlchen Attacken auf den Störenfried, rammen ihm den Schnabel in den Kopf oder zupfen an den Haaren. "Beim ersten Mal habe ich mich so erschrocken, dass ich fast meine Kamera fallen ließ", erinnert sich der Rentner. Diese Aggressivität hätten die Eltern erst nach dem Schlüpfen ihrer Jungen gezeigt. "Vorher waren sie fast handzahm."

Lange wird das illustre Treiben an Haustür nicht mehr andauern. Etwa 14 Tage bleiben Rotkehlchen im Nest, bevor sie flügge werden. "Man kann ja fast zusehen, wie sie wachsen." Passanten übrigens würden die Untermieter meist gar nicht bemerken. In dem mit gelben Blüten und einer gelben Schleife dekorierten Türkranz fallen die Rotkehlchen fast nicht auf - wenn sie nicht gerade herzzerreißend nach Futter fiepen.