Von Anne K. Strickstrock

Neuallermöhe.
Sie gilt als "kreativ, lustvoll und manchmal auch verrückt", heißt es an der Clara-Grundwald-Schule. Sie hat gestern ihre Gründerin, Angelika Fiedler, in den Ruhestand verabschiedet. Mit geliehenen Möbeln und geliehener Kreide, so wird die Geschichte gern erzählt, baute sie einst die Grundschule im neuen Stadtteil auf. 1996 starteten hier zwei Lehrerinnen mit 15 Schülern, die zunächst in den Räumen der Gesamtschule Allermöhe unterrichtet wurden.

Gestern bereiteten 360 Schüler aus 29 Ländern sowie 60 Lehrerkollegen ihr einen bunt-schrillen Abschied im Forum am Walter-Rothenburg-Weg. Die Moderation übernahmen ihre Kindern Katja und Florian Fiedler. Sie gestanden, die neuesten Entwicklungen in der Bildungspolitik habe sie "daheim am Küchentisch zumindest als Pubertierende nicht immer brennend interessiert".

Eine Festrede hielt Hans Brügelmann, Professor für Grundschulpädagogik aus Siegen. Er hat sich stets für eine Reform des Lese- und Schreibunterrichts eingesetzt, um auch lernschwächere Schüler zu integrieren. Und damit gilt er als "Verbündeter" der Angelika Fiedler, die sich vehement dafür einsetzte, dass behinderte Schüler in Regelklassen lernen dürfen. Dass die "Mutter der Inklusion" gern auch mal mit einer Explosion in Verbindung gesetzt wurde, mag an ihrem kämpferischen Ideenreichtum liegen. Die 66-Jährige ist Gründerin und Vorsitzende vom "Verband Integration an Hamburger Schulen" sowie aktiv beim "Blick über den Zaun", dem Zusammenschluss reformpädagogischer Schulen.

Wunderbar launig erinnerte sich Schulsenator Ties Rabe (SPD) an eine "spannende und spannungsreiche" Zusammenarbeit - und an einen Besuch: "Mit ihrer üblichen Dynamik stieg Frau Fiedler mit leicht derangierter Friseur von ihrem murkeligen Fahrrad und führte mich durch die Schule. Dabei erklärte sie mir wie einem kleinen Jungen, wie eigentlich alle Grundschulen sein müssten."

Und Schulen hat sie wahrlich viele gesehen: Erst besuchte sie die Grundschule in Aumühle, bevor es auf das Bergedorfer Hansa-Gymnasium ging: Abi 1969. Nach dem Studium der Anglistik und Pädagogik folgte das zweite Staatsexamen auf der katholischen Grundschule in Bergedorf. Anschließend unterrichtete sie 20 Jahre an der Grund-, Haupt- und Realschule am Richard-Linde-Weg.

Eigentlich wollte sie weg: 1995 war gerade der Antrag auf einen Auslandsschuldienst gestellt. Da kam das Angebot, die neue Grundschule in Neuallermöhe aufzubauen - ganz ihrem pädagogischen Traum nahe: Das freie, selbstbestimmte Lernen in jahrgangsübergreifenden Klassen.

Auf den Ruhestand seiner Oma freut sich jetzt Enkel Lasse (6), der freimütig gesteht, dass sie "gut den Schlüssel vom VW-Bus vertüddeln kann". Außerdem wünschten die Kollegen im singenden Flashmob "ein bisschen Rotwein, ein bisschen Braten, dazu das Fahrrad und deinen Garten".