Von Bettina Biester

Bergedorf.
Sie sind selten geworden, die von Elterninitiativen gegründeten Krippen und Kindergärten. Was mit der 68er-Bewegung seinen Anfang nahm und in den darauffolgenden Jahren einen Boom erlebte, ist rückläufig - jedenfalls in Hamburg. An der August-Bebel-Straße 155 aber gibt es sie noch - die Krabbelkiste, Bergedorfs einzige von einer Elterninitiative geleitete Krippe. Heute feiert die Einrichtung 30. Geburtstag.

Ihren Anfang nahm die Krabbelkiste bereits 1984. Damals tat sich eine Gruppe von Eltern zusammen. Aufgrund des Mangels an Krippenplätzen war sie nicht nur auf der Suche nach einer Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder, sondern auch nach einer alternativen, individuelleren Betreuungsform. So gründeten sie kurzerhand einen Verein, kümmerten sich um Erzieher. Und nach einigen Monaten der Betreuung im eigenen Wohnzimmer zog die Krabbelkiste 1985 mit zehn Kindern in einen ehemaligen Laden an der August-Bebel-Straße.

In der Krabbelkiste läuft einiges anders als in Krippen oder Kitas freier oder öffentlicher Träger. Die Eltern bilden den Vorstand. Sie kümmern sich gemeinsam mit dem vierköpfigen Erzieherteam um das Personal, die Finanzen, die Räume. Engagement ist gefragt. So gehört auch die kleine und große Wäsche zu den Aufgaben der Eltern.

Die Arbeit schreckt viele Mütter und Väter, die heute meist beide im Job sind. Auch Nicole Ernst, zweite Vorsitzende, hatte anfangs Angst vor der Mehrbelastung. "Aber für mich ist das keine Belastung. Es ist die Krippe meines Kindes. Da ist es mir wichtig, mich einzubringen", betont sie. Außerdem gehe es in der Krabbelkiste sehr familiär zu.

Tatsächlich ist die Größe der Einrichtung überschaubar. Zwischen 13 bis maximal 15 Kinder besuchen die Krippe mit vier Erziehern. "Unser Betreuungsschlüssel liegt damit bei eins zu 4,5 und damit besser als in normalen Einrichtungen mit eins zu sieben", sagt Erzieherin Uta Stellwag. So sei eine viel individuellere Betreuung möglich, das schätzten viele Eltern.

Die Krabbelkiste als "Elternini", wie es kurz heißt, steht auch gerade als Krippe ziemlich allein in Hamburg da. Unter den insgesamt 1034 Kitas in der Hansestadt sind laut dem Statistischen Bundesamtes nur 92 Elterninitiativen - und die Zahl sinkt. Im Jahr 2009 gab es beispielsweise noch 137.

Die Ursache dafür sieht Norbert Bender von der Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen neben der beruflichen Mehrbelastung vieler Eltern im Kita-Gutschein-System: "Große Einrichtungen können es viel besser auffangen, wenn mal ein zwei Plätze nicht belegt sind. Kleine Einrichtungen kommen da schon in Finanznöte."

Doch die Krabbelkiste trotzt diesem Trend - und das wird heute von 11 Uhr an bei Kaffee, Kuchen, Grillwürstchen und Mitmachaktionen gefeiert. Ehemalige Kinder, Eltern und Mitarbeiter sind willkommen.

"Es ist mir wichtig, mich einzubringen." Nicole Ernst, Zweite Vorsitzende