Von Carsten Neff

Bergedorf.
Nach dem Fund von zahlreichen Geschossen und Gewehrmunition wird nun der nordöstliche Bereich der Großbaustelle "Glasbläserhöfe" am Weidenbaumsweg systematisch nach Kampfmitteln aus dem zweiten Weltkrieg abgesucht.

"Wir wollen vor der Bebauung jetzt ganz sicher gehen, dass der Baugrund frei von Munitions-Altlasten ist", begründet Projektentwicklerin Petra Wedemann vom BPD die Maßnahme. Es handelt sich um das sogenannten "Baufeld 5", ganz hinten am Schleusengraben, wo der Immobilienentwickler BPD auf einer Fläche von 3922 Quadratmetern vierstöckige Häuser mit 70 Mietwohnungen errichten möchte. Nun gibt es durch die Kampfmittelfunde schon am Anfang eine mehrwöchige Verzögerung. Die Fertigstellung für Ende 2016 ist nicht gefährdet.

Nach Angaben des Kampfmittelräumdienstes der Hamburger Feuerwehr wurden im nördlichen Bereich des Grundstücks mittlerweile 30 Geschosse und Artilleriegranaten der Kaliber 7,5 bis 15 Zentimeter gefunden. Sie stammen aus deutscher Produktion und waren teilweise massiv beschädigt. "Einige Granaten waren thermisch und kinetisch stark belastet", erklärt Sprengmeister Peter Bodes. Sie lagen im Feuer, die Zünder sind schon "angeditscht". Einige Sprengkörper konnten nicht durch den Kampfmittelräumdienst abtransportiert werden. Bodes und seine Kollegen mussten mehrfach Granaten vor Ort sprengen (wir berichteten). Dazu mussten die Arbeiter der angrenzenden Baustellen jeweils für mehrere Stunden den Gefahrenbereich verlassen. Auch die Bergedorfer Schifffahrtslinie durfte dann den Schleusengraben nicht mehr passieren. Neben den Geschossen aus deutscher Produktion wurden auch 13 Magazine mit Patronen der britischen Armee gefunden.

Woher die Munition stammt, bleibt unklar. "Die Funde lagen dicht beieinander", berichtet Projektentwicklerin Wedemann und spricht von einem "Hot Spot". Sprengmeister Bodes vermutet, dass nach dem Krieg die Munition am Schleusengraben entsorgt wurde. Daher hätte man auch bei einer Auswertung von Luftbildern auf mögliche Blindgänger nichts finden können. "Man hatte uns bescheinigt, dass das Baugelände kampfmittelfrei sei", betont Wedemann. Das habe sich leider nicht bestätigt. "Mit so einem Granatenlager konnte niemand rechnen, nun ist die Verantwortung sehr hoch, die auf uns lastet." Bis zu acht Wochen könne das Absuchen durch die Spezialfirma "Eggers Kampfmittelbergung" nun dauern. Wedemann: "Was die Experten dort noch finden werden, ist völlig unklar. Glücklicherweise waren wir bislang sehr gut im Zeitplan."

Dass so viel Munition an einem Ort gefunden wird, sei selten aber kein Einzelfall. "Unser Entschärferteam wird bei jedem Fund wieder mit Blaulicht anrücken und die Gefährlichkeit jedes Kampfmittels individuell einschätzen", erklärt Feuerwehrsprecher Hendrik Freese: "Wir müssen dieses explosive Erbe des Krieges halt annehmen, da kommen wir gar nicht drum herum."