Von Anne K. Strickstrock

Lohbrügge.
Sie heißen Ebola, EHEC, SARS oder Vogelgrippe. Und bei jeder neuen Epidemie sind irgendwo auf der Welt Tote zu beklagen. Derzeit ist es der Mers-Erreger, der in Südkorea um sich greift "und schon sehr bald bei uns in Europa sein kann", warnt Dr. Ralf Reintjes vor der Atemwegserkrankung. Der Professor für Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung an der HAW Lohbrügge (Fakultät Life Sciences) will vor allem die Risiko-Kommunikation verbessern: "Man sollte die Leute nicht verunsichern, dass sie auf einmal - wie bei EHEC - plötzlich weder Gurken noch Tomaten kaufen. Wir brauchen sachliche Informationen, zudem ausgebildete Ärzte und Krankenschwestern, die solche Viren einfach und verständlich erklären können."

Dazu hat sich jetzt eine Arbeitsgruppe aus knapp 30 Experten gebildet, die vier Jahre lang in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz forscht, in Großbritannien und den USA - im Auftrag der EU, die das Projekt "ECOM@EU" mit zwei Millionen Euro fördert. Ende Juni werden sowohl am Lohbrügger Campus als auch zwei Tage im Waldhaus Reinbek die Wissenschaftler, aber auch Marketing- und Medienfachleute ihre Ergebnisse vergleichen. Mit Spannung wird die Computer-App einer Kölner IT-Firma erwartet, mit der sich künftig jeder aktuell informieren kann, wo es in seinem Umfeld neue Fälle gibt, ob und wo es einen Impfstoff gibt und welcher Arzt in der Nähe zuständig ist.

Mit Verärgerung denkt Prof. Reintjes noch an die Schweinegrippe, die 2010 innerhalb weniger Wochen in mehr als 120 Ländern ausbrach. "Die Medien berichteten anfangs viel, aber dann kaum noch, als es endlich einen Impfstoff gab. So ließen sich kaum Leute impfen. Dabei hätten wir die meisten der 220 Todesfälle verhindern können." Auch klappte die internationale Zusammenarbeit nicht, Polen etwa habe gar nicht erst den Impfstoff gekauft. Deutschland indes hatte sehr viel Impfstoff gekauft, dann eingelagert und später verbrannt. "Genau diesen Impfstoff könnte aber derzeit Indien gut gebrauchen, wo aktuell die Schweinegrippe ausgebrochen ist."

Manchmal aber helfe auch alle Aufklärung nicht, etwa in Westafrika. Zwar wisse man sehr viel über Ebola, aber "die Leute waschen trotzdem ihre Toten, und die Quarantäne-Maßnahmen werden einfach nicht strikt eingehalten", klagt der Epidemiologe.

Im wahrsten Sinne des Wortes wollen die Wissenschaftler Epidemien "im Keim ersticken" und für gute internationale Aufklärung sorgen. Ihren Abschlussbericht werden sie im November dem Europäischen Gesundheitsamt in Stockholm vorstellen.