Von Ulf-Peter Busse

Lohbrügge.
Der kommende Mittwoch ist Datum eines Doppelstarts: Ein Jahr nachdem sich das Bethesda Krankenhaus und Frauenklink-Chefarzt Dr. André Motamedi trennten, fängt dort zum 1. Juli Nachfolger Dr. Martin Neuß an. Motamedi öffnet gleichzeitig seine Praxis. "Viele der Patientinnen aus meinen drei Jahren in der Klinik haben sich schon Termine gesichert", sagt der 47-Jährige, der um 8 Uhr seinen Dienst Am Beckerkamp 37 in Lohbrügge antritt.

Während Dr. Neuß vom Oberarzt-Job am Geesthachter Johanniter-Krankenhaus auf den Bergedorfer Chefsessel wechselt, macht sich Dr. Motamedi selbstständig: Erstmals in seiner 19-jährigen Laufbahn lässt sich der Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe als Kassenarzt nieder.

Ein Entschluss, der ihm ein nervenaufreibendes Jahr bescherte, obwohl anfangs alles rund zu laufen schien. Im Herbst 2014 erwarb er einen Kassenarztsitz von einem Medizinischen Versorgungszentrum an der Alten Holstenstraße, wurde von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zugelassen. Parallel suchte er nach Praxisräumen in Bergedorf, weil er mit seiner Familie dem Bezirk treu bleiben "und die schlechte Versorgung mit Gynäkologen verbessern" wollte. Schon als Chef im Bethesda hatte Motamedi erlebt, wie viele Frauen in die Notaufnahme kamen, weil niedergelassene Ärzte keine Termine vergaben.

Doch die Suche nach zentralen Praxisräumen zog sich über Monate - und gleichzeitig machte ihm eine fast 70 Jahre alte Kollegin den Kassenarztsitz streitig. "Sie legte Widerspruch bei der KV ein. Sie argumentierte mit größerer Erfahrung und dem Antidiskriminierungsgesetz der EU, wonach ihr Alter bei der Vergabe keine Rolle spielen dürfe", sagt Motamedi.

Zwar schmetterte der Widerspruchsausschuss ihre Einwände ab, doch sie zog auch noch vor das Sozialgericht. Jetzt lautete das Argument, Bergedorf sei mit Gynäkologen überversorgt. So dauerte der Rechtsstreit bis zum 12. Juni, lieferte in der Verhandlung aber gleich doppelt klare Fakten: Einerseits wurde Dr. Motamedi sein Kassenarztsitz bestätigt, andererseits belegte die KV Bergedorfs Frauenarzt-Mangel. Der Versorgungsgrad liegt demnach bei 71,32 Prozent. Daraus folgerte das Gericht, dass es "im öffentliches Interesse liegt, jeden freigewordenen Kassenarztsitz in Bergedorf wieder zu besetzen".

Auch die lange Suche nach Räumlichkeiten war im Juni endlich geklärt: Dr. Motamedi konnte sich an die Umgestaltung der ehemaligen Praxis des Allgemeinmediziners Dr. Thorsten Unger machen. Der neue Fußboden liegt schon, gestern kam der 100 Kilo schwere Behandlungsstuhl. In den nächsten Tagen wird die Praxis in weiß gestaltet. Termine gibt es unter (040) 55 28 78 98. Auch operieren wird Dr. Motamedi wieder - jetzt am Marienkrankenhaus.