Bergedorf
(tv/he).
Der Schaden der Deutschen Post wächst jeden Streiktag. Dies gilt nicht nur für das Image - besonders die für die Post wichtigen Firmenkunden halten nach Alternativen Ausschau. Viele haben keine andere Wahl, etwa Handwerker oder Lieferanten, die darauf angewiesen sind, dass ihre Rechnungen die Kunden zeitnah erreichen. Selbst bei einem kleineren Heizöllieferanten kann der Fehlbetrag binnen einer Woche sechsstellig werden.

"Wir haben fast drei Wochen keine Post mehr erhalten", sagt Christian Hamburg. Der Chef des Raumausstatters und Malereibetriebs Ewald Hamburg in Altengamme will nicht weiter zuwarten, ob und wann Kunden die verschickten Rechnungen erhalten. Derzeit lässt er alle Rechnungen über 2000 Euro heraussuchen, um diese, falls nicht schon beglichen, ein zweites Mal - per E-Mail - zu verschicken. Wenn die Kunden über eine Mail-Adresse verfügen.

Hamburg: "Alle unsere Lieferanten schreiben uns an, dass sie künftig auf E-Mail-Verkehr setzen - die verliert die Post sicher als Kunden." Auch im Handwerk suchen viele Firmeninhaber nach Wegen, ohne die Post klarzukommen, bestätigt Bergedorfs Bezirkshandwerksmeister.

Beim Bergedorfer First-Reisebüro Rauther bleibt seit zwei Wochen die Posteingangskiste leer. "Auch in unserem Fach bei der Post an der Bergedorfer Straße finden wir nicht einen einzigen Brief", sagt Jennifer Dicke, stellvertretende Filialleiterin. "Allmählich geht uns das ziemlich auf die Nerven." Zwar sei wegen des Streiks noch für keinen Kunden eine Reise ausgefallen. "Aber wir haben mehr Arbeit, die Veranstalter höhere Kosten und die Kunden oftmals weniger Freude an ihren Tickets und Unterlagen, weil wir die einscannen und per Mail versenden müssen."

Für aufwendige Reisen mit umfangreichem Material beauftragen Veranstalter nun private Paketdienste wie UPS, was deutlich teurer sei als ein Postversand. "Auch mit den Kofferanhängern ist es schwierig, die kann man ja nicht gut per Mail verschicken." Zudem habe etwa ein Fünftel aller Kunden keine E-Mail-Adresse oder wolle sie nicht verraten: "Denen bleibt nichts anderes, als ihre Unterlagen bei uns abzuholen."

Auch in Bergedorfs Arbeitsagentur zeigt der Streik Wirkung. "Zu unserer jüngsten Info-Veranstaltung für Leute, deren Arbeitslosengeld I in wenigen Monaten ausläuft, kamen von 40 schriftlich eingeladenen Kunden nur die Hälfte, obwohl es eine Pflichtveranstaltung ist", sagt Agentur-Chef Ulf Fock. "Das kann nur daran liegen, dass unsere Briefe nicht angekommen sind. Dort war mitgeteilt worden, dass bei Nichterscheinen das Arbeitslosengeld für zwei Wochen gesperrt wird."

Bei persönlichen Einladungen zu Beratungsterminen hat sich der Poststreik laut Fock noch nicht niedergeschlagen, diese Termine haben etwa vier Wochen Vorlauf. "Wenn der Streik sich noch weitere zwei Wochen fortsetzt, bekommen wir da ein richtiges Problem." Die Berater in Bergedorf seien angewiesen, bei dem Thema sensibel zu sein und bei einer nicht befolgten Einladung nicht gleich Sanktionen einzuleiten. "Wir überlegen, grundsätzlich auf Einladungen per Telefon umzusteigen, damit wir vom Postweg unabhängig werden."

Bei Möbel Schulenburg in Wentorf kamen schon mehrfach Lkw mit Ware zurück - weil Kunden die postalische Terminbenachrichtigung nicht erhalten hatten. "Das sind bisher nur Einzelfälle", sagt Geschäftsführer Joachim Marks, "wir arbeiten ja mit zwei Wochen Vorlauf. Ich hoffe nur, dass die Probleme sich in den kommenden Wochen nicht verschärfen."