Bergedorf (stri). Für eine Tariferhöhung streikten gestern auch rund 30 Mitarbeiter der Bergedorfer Karstadt-Filiale.

Bergedorf (stri). Für eine Tariferhöhung streikten gestern auch rund 30 Mitarbeiter der Bergedorfer Karstadt-Filiale.
"Zudem will man uns das Urlaubs- und Weihnachtsgeld streichen", empört sich Betriebsratsvorsitzende Ramona Bahr: "Da wollen sie Kaufhof für drei Milliarden Euro kaufen, aber für uns bleibt angeblich kein Geld übrig. Da ist man einfach aus der Tarifbindung ausgestiegen." Das Unternehmen war offenbar vom Streik nicht überrascht. "Es wurden 18 Führungskräfte aus der ganzen Republik eingeflogen, die unsere Kassen bedienen und Bergedorfer Kunden beraten", so Bahr.

Dabei liegen bei den 80 Mitarbeitern (die Hälfte etwa arbeitet Teilzeit) seit Langem die Nerven blank, zittern sie doch seit Jahren um ihre Jobs. "Der Krankenstand ist derzeit hoch, viele sind körperlich und psychisch angeschlagen", heißt es aus dem Betriebsrat, der mit ansehen musste, wie in den vergangenen Wochen neun Vollzeitbeschäftigten betriebsbedingt gekündigt wurde.

Einer von ihnen ist Familienvater Alex Offenborn, der seit 17 Jahren bei Karstadt arbeitet und Ende September gehen soll. Ehefrau Bettina ist seit 27 Jahren im Unternehmen - und ratlos: "Wir bangen ständig, wer als nächstes betroffen ist", sagt die 46-Jährige.

Auch junge Leute sorgen sich um ihre Zukunft. Trotz eines Noten-Durchschnitts von 1,8 wird Sandra Schulz nach ihrer dreijährigen Ausbildung nicht übernommen: "Ich muss mich jetzt woanders bewerben", sagt sie.

Zugleich sei die Filiale oft unterbesetzt, manchmal mit nur neun Leuten im kleinen Haus am Bergedorfer Markt. "Und jeder ackert für zwei", sagt Dagmar Könnecke - und fühlt sich in dem Klima kaum wohl: "So müllig wie jetzt sah der Laden noch nie aus."

Gestern Mittag machten sich alle auf zum Besenbinderhof, denn die Gewerkschaft Ver.di hatte 3500 Beschäftigte zum Warnstreik im Hamburger Einzelhandel aufgerufen. Der Demonstrationszug zog sich bis zum Alsteranleger am Jungfernstieg, wo erneut das Angebot der Arbeitgeber - 1,5 Prozent Lohnzuwachs - kritisiert wurde: Ver.di fordert einen Euro mehr pro Stunde sowie zwei zusätzliche Urlaubstage. "Das entspricht etwa einem Lohnzuwachs von fünf Prozent", sagt der Bergedorfer Vize-Betriebsrat Gerhard Stachan.